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am Bodensee, hat graf Friderrich von Castel under inen den rath geben, auch gemaint, die sach dahin zu richten, das man das schloß Wildenstain mit wenig kriegsvolk solle belegern und uffordern, und arguirt, der graf würde sich und

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sein landtschaft nit verderben lasen oder in ein gefahr setzen von des frembden guets wegen, so dahin geflehnet und hünderlegt war; das mögte ime allain mit dem traw und einem kleinen costen abgeschreckt werden. Nit hab ich gründtlichen erfaren, wer solchs abgestelt oder verhündert.

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Aber so baldt kunt es nit fürbracht werden, es wardt graf Gotfriden Wernher vertrawenlich zu wissen gethon. In was ängsten und nötten der alt herr dozumal gewesen, ist leuchtlichen abzunemmen; er kam in ain solliche fantasei und schwermüetigkait, das ich glaub, es sei hernach ein

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fürderung zu seinem absterben gewesen. Er kunt des nachts darvor nit schlaffen. Manichmal sagt er zu seinen vertrawten: »Ach Got, mueß ich erst in meinen alten tagen eintweders zu eim bösswicht werden, oder aber verderben und ain ursach sein, das meine armen underthonnen auch

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verderbt werden.« In somma, er versahe sich einer belegerung. Wie das haus dozumal mit leuten und anderm versehen, das waist Gott. Was seltzammer, wunderbarlicher anschleg beschahen, das waiß ich auch noch wol. Do erfande sich leichtlich, was mangel im haus waren oder wie das zu der

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were solt gebawen sein worden. Zu dem der merertail, damit das haus besetzt, unwillig, weren lieber bei weib und kindern gewest. Darbei erfande sich, so ainer ein werlich haus begerte zu erbawen, nit die wenigist befestigung, so er auch from und standthaft kriegsleut darein künte bawen.

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Er het in disem tumult grose sorg für sein dochter zu Ünzkofen[1], dann er besorgt, da sich die feindt beharlich ins landt gelegert, sie würden hin und wider gestraift, auch die clöster umbgestürzt und die closterfrawen darauß verjagt haben. Sollichem zu fürkommen, do name ime der alt herr für, da

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es dise weg gewüne, welt er die dochter user dem closter hollen lasen und sie bei ime zu Wildenstain, biß das wetter fürüber, enthalten. Das ließ er durch mitelpersonnen an sie langen. Aber sie schluegs ab, ließ irem herr vatter höchlich danken der vätterlichen trewen und angedenkens, aber sie

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were nit willens, ir lebenlang [1037] user dem closter zu


  1. Ünzkofen] hs. Unzhofen.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_061.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)