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daher gerauscht, darab der bueb hünderm offen erwacht, sich förcht und ganz still sich hielte. Gleich hernach kam auch die Catherin mit den fladen. Wiewol aber der bueb im winkel hünder dem offen erwacht, so dorft er doch sich

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nit reggen, konte sich auch user der sach und was darauß werden wolte, nit verrichten. Mit was ceremoni der münch bemelte Catherin empfangen, ist von unnetten zu erzellen, es kanns ain ieder verstendiger selbs ermessen. Es wardt vom münch gleich in ein bedenken gezogen, ob sie

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anfengclichs zechen, oder sonst mit ainandern im pret spielen welten. Aber in solcher berathschlagung und auch das er die fraw ganz guetwillig befandt, die dann stettigs uf den Messias wartet, do wardt dem münch, wie obgesagt, das eisen so hitzig, man [1007] hett ein schwebelhölzle darbei

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angezündt, das er sie gleich in der furia uf ain bank, darauf das liecht stande, legt und sie entblöst. Ehe und zuvor aber der scharrmitzel angieng, greift der münch mit baiden henden zum gaffeisen und sicht hienein. Also in groser begir (wie zu achten, der münch sei ganz transi gewest, der

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auch selten zu aim sollichen lueder kommen) sprücht er: »Hie sihe ich die ganzen welt und was darin ist.« Wie er das sagt, do empfacht der arm knab wider ein herz, verhoffende, er mecht durch sollichs mitel seine kelber wider finden, und rüeft mit demüetiger stim: »Ach, lieber herr,

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durch Gottes willen, so ir also in alle welt und was darin ist, sehen künden, schawet, ob ir auch meine verlorne kelber, wo die verborgen weren, ersehen mögten, dann mich villeucht mein äni sonst zu todt schlagen wurt.« So baldt der bueb das also redt, erschrickt der münch und last der

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frawen die ufgehepten schenkel (dann er alberait gespannen und gleich wolt abgeschossen haben) wider niderfallen und schnappen, lauft zur stuben hinauß, die hur hernach. Wo sie dieselbig nacht hinkommen, ist mir nit wissendt. Aber dem armen, hungerigen bueben kam die sach zu guetem;

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der beschloß die stuben und kundt sein hunger und durst am wein und den pfandtzelten wol büesen. Der het sich villeücht den selbigen morgen in s. Julianns[1] ehr ufgesegnet,


  1. s. Julianns] die erklärung hiezu giebt Jacobi a Voragine Legenda Aurea. Recensuit Th. Graesse, s. 141, wo es heißt: »Iste dicitur esse ille Julianus, qui ab itinerantibus pro inveniendo bono hospitio invocatur, eo quod in domo ejus dominus fuerit hospitatus.« Liebrecht weist in der Germania XIV, 400 ff. nach, daß diese geschichte schon in den Cent Nouvelles Nouvelles und in des Poggius Facetiae vorkommt. WS: auf der nächsten Seite fortgeführte Fußnote wurde hier ergänzt.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_008.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)