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»O cives, cives, querenda [pecunia][1] primum est?
Virtus post numos[2]

Wie nun knecht Galle sicht, wie es zugeet, kumpt im sein zinsbrief umb die fünfzehenhundert guldin hauptguets

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in sinn. Derhalben ermanet er sein herren des legats, schreit ime in die oren; damit rauft er das haar uß und trib ain wilde weis. Aber sein herr, der probst, lag alda, wie ein block, kundt kain antwurt darzu geben. Knecht Galle besorgt, im würde nichs werden, als auch hernach beschach,

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nimpt ein dafel, die hept er dem probst für, gibt ime ein kreiden in die handt, sprechendt: »Ach, herr probst, ir haben mir lengest den zinsbrief umb die 1500 gulden vermacht, wellen ir mich nit bedenken? Mein herr, schreiben ewern willen uf dise taffel!« In dess kompt der probst in

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sollichen tumult, als er im bet widerumb erwarmet und man ime etliche kraftwasser angestrichen, widerumb zu im selbs; wiewol er nit reden, so sahe man doch, das er etwas verstandt bekommen; darum, villeucht von dem geschrai seins knechts Galles bewegt, do nimpt er die kreiden, facht an,

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uf die taffel zu schreiben. Darzu half ime der Gall getrewlich, mit der ainen handt erhielt er ine ufrecht, mit der andern handt leitet er dem probst die lamen handt. Wie das alles beschach, fieng den freunden an zu grausen; die besorgten, der probst megt villeucht wider ufkommen, oder

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es würden inen die 1500 gulden entgeen. Derhalben, als sie lang ires gefallens gemauset und den affen wider behalten, do umbstanden sie auch des probsts pet. Sie waren nit lang da gewest, dem probst entgieng abermals die craft, als er auch bald darnach verschide. Do wardt der fründt

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einer nit unbehendt, wie sich knecht Galle dess nit versahe, da fur er mit der ainen handt über die taffel und thette die geschrift uß. Do het Galle wider sovil, als er vor auch het gehapt. Der gestallt sich jemerlich, er füert ain clag, das er ain sollt erbarmet haben, wover er sich hievor nit der

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masen het gehalten, das ime menigclichen abgunstig. Also wie der probst verschaiden, do namen die freundt brief und anders in iren gewalt, dem Gallin ward das zusehen darvon, der muest neben den 1500 gulden hingeen, und wardt im nichs weiters, dann das [er][3] sich seiner besoldung halb bei gueter


  1. querenda] hs. primum querenda est, mit auslassung von pecunia.
  2. numos] s. Horatius, Epistolarum I, I, 53—54.
  3. er] fehlt in der hs.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 500. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_500.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)