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und erfaren, auch ain guete zeit darvor ins reichs regiment gesessen. Der hett ain wunderbarliche gedechtnus, was er ihe gesehen und erfaren, das kont er sagen und het das wissen, als ob es den nechsten tag darvor beschehen wer,

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und nit allain, das er das noch wisste, sonder er konte das erzellen, mit denen worten er das vor ainem monat, zweien oder lenger het gesagt; daran felet er nit umb ain wort, wie er hiemit in vil weg ist versucht worden. Er sagt uf ain zeit, wie ainest marggraf Friderrich von Brandenburg, so

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zu Onolspach hof gehalten, ein jungkfraw im frawenzimmer gehapt, eine von Redwitz. Die het ain brueder, wer ain domherr zu Würzburg gewesen; der wer uf ain zeit geen Onolspach kommen, die schwester haimzusuchen. Also het der marggraf im fürgeen gehört, das die junkfraw den

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brueder, der gleichwol den jaren nach ganz jung, geirzet het, welches dann dozumal in deutschen Ianden under dem adel gar ungepreuchlich; het er zu der jungkfrawen gesagt: »Medlin, warumb irzest du den bruder?« darauf die jungkfraw geantwurt: »Gnediger fürst und herr, do ist er ein müstler« 

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(het gemaint, er wer ain domherr, darzu ain epistler). Des[1] het der marggraf der alt innigclichen lachen megen und wider gesagt: »Das dein brueder ein mistler, sei Got gelobt, so wurt zu jar ain kramatfogel darauß.« Solche und dergleichen historias konte er in groser anzal erzellen, und so

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er desshalben über etliche monat wider befragt, referiert er das mit gleichen worten. Ein großen lust het er, alte historias zu erzellen; daran ließ er sich auch nit irr machen; dann so er in aller narration warumb befragt, do fure er fort, gab kein antwort, sonder stieß den frager mit aim

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arm von im, wies in ab, als ob er sprechen welt: »Lieber, far hin! laß mich mit friden und reden!« In dem referieren, so andere thetten, oder in audienzen pflag er vil ufzuschreiben und zu merken; so brach dann herr Wilhelm Wernher etwan ainer mucken die flügel ab, netzt ir die füeß in ainer

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dinten; so dann der von Hirnhaim nit acht gab, setzet er ime die mucken uf das papeir und ließ sie darauf umbher kreisen. Er het ein groß misfallen ab den kaufleuten und burgern, die nach langem getribnen wucher sich herren liesen und adlen, als mit den Baumgartnern und andern, und

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so etwan von derselbigen ainem oder mehr suplicationen


  1. Des] hs. Das.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_122.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)