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händel darinen fürgon, deren historia ich aine, so ainem tomherren von Costanz, herr Balthasarn von Hertenstain, begegnet, nit wol kan underlassen zu erzelen. Derselbig tomherr ist ainsmals ins closter Eschenbach, bei Lucern

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gelegen, kommen, seiner bäsen etlich daselbs anzusprechen. Nun ist er aber des tags bei etlichen seinen verwandten ganz bezecht worden, wie dann sein deglicher brauch gewesen. Uf den abendt, wie er ins closter kommen, ist er von seiner alten basen nach dem nachtessen allernechst

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dem dormitorio zu bet gewisen worden. In der nacht im ersten schlaff kompt ain groß wetter. Die alt non war messnerin, stand uf und het gern geleut, wover es in irem vermegen gewest. Also da sie im dormitorio ufwackte, aber niemands ufsteen wolt, do kam sie letzstlich zu irem

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vettern, dem Hertensteiner. Den wackt sie uf, bat ine, zu leuten. Der guet tomher, dem der wein noch im haupt umbgieng, der wolt seiner alten basen wilfaren, und dieweil es aber finster, do gieng er nur im hemet mit ir. Sie fürt in bei der handt in die kirchen und in kirchenthurn; daselbs

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stallt sie ine an die gröst glocken. Es war aber der kirchenthurn mit ainer hilzin binin belegt, die thett nichs, dann kleppern und weichen, also das der guet, voll Hertenstainer besorgt, er würd durch abher fallen. Indess hat er die groß glock angezogen; dieweil er aber mit dem handwerk nit

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maisterlich umbgeen, do zuckt in die glock hoch über sich; iez war er uf der bösen, löchereten binin, dann hoch im thurn doben. So dorft er in der finstere das sail nit geen lasen, dann er wust nit, wo er sicher was. Darneben so gieng im der luft[1] ins hemet; iz fuer im dasselbig übers

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haupt uf, dann wider herab. Indess so kompt sein alte bas mit ainem liecht herfür und bringt etlich jung nonnen mit ir. Die sahen den affensprüngen zu, sonderlich wann den Hertenstainer die glock also hoch übersich zoge und im das hembdt über sich flohe, kunten sie im das geschier und

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die schellen wol sehen, darab sie schier erblindet weren. Sie wolten ab der seltzamen, ungewonlichen gestalt geflohen sein, aber die alt Hertenstainere thett sie behalten. Sie halten ainandern und brachten iren tomherren, gleichwol mit großer müeh, von der glocken. Der ward von den

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closterfrawen mit grosem gelechter wider zu bet gefiert.


  1. luft] hs. lust.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_649.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)