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aigne leibliche schwester und etlich andere ire nechsten basen haben die gueten frawen verfüert und verküelet, dergestalt. Ehe und zuvor herzog Ulrich von Würtemberg das landt widerumb ingenommen, hetten bei der königlichen

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österreichischen regierung die herren von Geroltzeck die herrschaft Sulz am Necker zu handen gepracht. Under denen brüedern von Geroltzeck der eltest, herr Gangolf, war mit der grefin von Rapin vermehelt, aber der ander, herr Walther, war der zeit noch in ledigem stand. Der

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thett als ain junger und sucht sein abentür zu Kilperg im closter und wo er darzu kommen kont. Gegen demselbigen herr Walthern ward dise edel fraw verkupelt und im in vertrawen angetragen, doch dergestalt, er solt sie nit sehen, sonder er möcht sonst die halb nacht in ainer zellen, die

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in sonderhait darzu berait sollt werden, mit der frawen im prett spilen, dann, so er wolt, mögt er sie wol ein ander mal sehen, iedoch uf dißmal solt er desshalben rüebig sein und sich, wie im fürgehalten, beniegen lasen. Herr Walther name die sach begirlich an und kam uf den bestimpten

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tag spat ins closter, bericht den gastmaister[1], er hab gessen und sei müedt und begerte nur zu bet. Also war der gastmaister[1] ain verstendig man (villeucht waren im [635] solche stratagemata hievor mehr begegnet), dann er ließ dem herren geschwindt die bett zurüsten, wünscht im ain guete nacht

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und gieng darvon. Herr Walther war allain ohne ain diener, aber er hett ain jungen edelman bei sich, hieß Oswald von Neuneck, herr Reinharts brueder, der auch wol im closter bekannt war. Sie giengen in aller stille zu ainer closterfrawen, die ich gleichwol gern nennen wellte; die hett allen

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platz bestellt. Sie fürt den gueten herr Walther in ain finstere zellen; die beschloß sie. Daselbst zog er sich ab und legt sich nider, und als er vermaint, allain im bet zu sein, so findt er ain nackendt weibsbild darin. Er begriff sie hin und wider, und do er sie nit sehen konte, befandt

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er[2] doch am griff, das es seines erachtens ein hübsche, junge, zarte fraw war, als er auch von den nonnen glaublich vertröst war. Also underwande er sich der frawen und hielt sich, das sie im nichs verweisen dorfte und in dauxes nennen. Das beschaint sich ußer dem, das die guet fraw mehrmals

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irer nechsten fründin, die ruors an ir zellen bei Hanns Os-


  1. a b gastmaister] hs. gaistmaister.
  2. es] hs. er.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_644.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)