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Oberndorf ingehapt, ist anno 1522 ain bettler, ein rutscher, in aim karren geen Bochingen gebracht worden, wie dann gepreuchlich, das solliche und dergleiche bresthaftige leut von aim dorf und flecken zum andern gefiert werden.

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Derselbig rutscher oder lam man war daselbs bei aim mair übernacht. Dem stall er bei nechtlicher weil etlich patternoster und gelt. Morgens wardt er geen Oberndorf für die kirchen gefiert. Indess wurt der mair zu Bochingen seins gelts und anders, das im der entwert, manglen. Der volgt

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im nach geen Oberndorf, schreit dess recht über den rutscher an. Man fieng den rutscher; der wardt besucht, und wie der mair anzaigt, dasselbig wardt alles [bei][1] im gefunden und dem mair wider zugestellt. Er aber ward in die gefengknus gefüert und übernacht darin enthalten. Des

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andem tags ließ herr Wilhelm Wernher sein schulthaißen, den alten Conradten Vogeln, zu ime über die gefengknus geen. Der ließ sich sovil merken, waverr er nit güetlichen, was er für böse stuck gethon und uf sich selbs wiste, bekennen, würde er dessen seins undanks gewisen werden.

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Der rutscher gab antwurt, es bedörfte kains peinlichen fragens gegen ime, sonder er sollte nur des andern morgens wider zu im komen, wellte er frei und ohne allen zwang, sovil im bewist, eröffnen. Damit schied der amptman selbigs tags von ime ab. Nun het herr Wilhalm Wernher vor

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etlichen tagen ain haufen pauren von Altoberndorf irer vollen weis und unschick halben zu Altoberndorf gefangen gehapt; die het er hernach wider außgelassen, und hetten in der gefengknus, darin bemelter rutscher lag, ein großen block ufgericht, damit sie megten zu ainem schrang oder

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fenster ußhin sehen. Diesen behelf des ufgerichten blocks nam der rutscher in der gefenknus zu aim vorthail an; villeucht wust er mehr uf sich selbs, dann er getrawte zu geniesen. Darumb in der nacht oder in aller früe knüpft er sein girtel an den block und hankt sich also sitzend oder

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ligendt. Wol zu achten, es hab der bös genius und feindt mentschlichs geschlechts sein behelf auch darzu gethon und alle befürderung geöffnet. Des morgens kam der ambtman mit seinem diener, do befindt er den gefangnen erworgt und todt sein. Also uf befelch der herrschaft wardt der

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leib dem nachrichter verantwurt und an gewonlichem ort


  1. bei] fehlt in der hs.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 619. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_619.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)