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alte und junge vögel mit ainandern ußgenomen und in Frankreich vertragen. Es hat auch nit allain zu Weiler ein aignen adel gehapt, wie oblaut, sonder auch herum, deren der merertail in die kirch geen Weiler sein pferrich gewest,

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hat auch alda ain aigne weihlege gehapt. Man sagt, es seien ainest siben fehin mentel, also sein vor jaren die edlen frawen beklaidet gewest, alda zu kirchen gangen, und dieweil dieselbigen edelleut der zeit ganz unainig gewesen, do hab iegclichs geschlecht ain aigne thür in der alten kirchen

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gehapt, damit sie im auß- oder eingang ainandern ungeirrt lassen. Das iezig kirchle im Weiler ist in der ehr des ritters s. Jörgen geweicht. Darin ist bei wenig jaren noch ain unachtbare aichene scheiben gewesen, in der form und größe, wie ain zimlicher faßboden. Das gemelde, so daran gewest,

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ist elte und lenge halben der jar so gar abgangen und verblichen, das man nichs daran mer sehen oder erkennen künden, gleichwol man sagt, das etwas hailtum darin soll verborgen gewest sein. Diese aichene [1295] scheiben hat diese chraft und aigenschaft gehapt, so entwan ain mentsch

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in der[1] Tonow ertrunken und zu boden gefallen, das man den leib nit finden kinden, so hat man iez ernempte scheiben im Weiler gehollet und dieselbig an das ort, do der mentsch ertrunken, in die Tonow geworfen, so ist dann die scheiben dem wasser nach geschwomen, bis an das ort, do

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der cörpel gelegen. Alsdann ist sie nit fortgangen, sonder sich vilmals in aim würbel umbkert. Daselbs haben dann die vischer gesucht und den todten mentschen gewisslich gefunden[2]. Das ist bei den alten vilmals probiert worden, auch bei unsern zeiten hat es sich also warhaftigclichen sein

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befunden. Unangesehen dessen ist die scheib bei der seltzamen, abenteuerlichen haushaltung verloren worden und hingangen, wie anders mehr, das niemands waist, wahin. Man sagt auch, es solten deren scheiben noch mehr an der Tonaw sein, die ain gleichförmige chraft haben, sonderlichen

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aber bei denen kirchen, so in der ehr des lieben hailigen ritters s. Jörgen seien geweihet. Was die ursach solcher gehaimnus und wunderwürdigen würkung in denen scheiben, das ist dem, so nichs verborgen, bewust. *

* [1451] Kurzlich darnach als herr Johanns Wernher


  1. der] hs. das.
  2. gefunden] ähnliche mittel, um die Leiche eines ertrunkenen zu finden, giebt Liebrecht, Germania XTV 395 an.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_364.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)