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ain großer schnee dieselbig nacht gefallen war, derhalben sie baide in höchsten nötten; berathschlagten, wie die angefengten sachen verschwigen bleiben, auch der Einhart verporgenlich darvon megte gebracht werden. Und als in

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der eil kain rat oder schick, das solchs füeglichen megte beschehen, erfunden, erdacht die Imma (als dann das weiblich geschlecht gemainlich zu allen listen und geschwindigkaiten behendt) ein fundt, und damit die mannsdritt im schnee nit gesehen und dardurch verratten werden, so nimpt

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sie iren Einharten, den sie villeucht sonst die ganz nacht auch getragen, uf den ruggen[1], tregt den unerschrocken durch allen schnee über den platz, biß zu seiner bewonung. Am widerkeren tritt sie wider in die vorige fueßstapfen mit höchstem fleis. In solchem geschwinden fall allain aber

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übersahen, das die Imma etwas zu gech und unbedacht, sich selbs nit gnugsam verklaidet het. Vermainten also baide liebhabende menschen, von niemandts gesehen oder erkennt worden. Nun hett aber der kaiser dieselbigen nacht von wegen seiner vilfeltigen, zufallenden gescheften wenig

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geschlaffen, und war zu allem glück denselbigen morgen gar früe ufgestanden, gieng also seinem prauch nach allain im pallast betten. Der ersicht ohne geferdt diß obehört seltsam spektakel und ie fleißiger er sich erkundiget, befindt er, das es sein dochter Imma und seinen canzler Einharden

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uf dem ruggen tragendt. Und wiewol er als ain vil erfarner und weiser kaiser wol merken kunt, wie die sachen beschaffen, und desshalben zu aim zorn und verdienter straff wol ursach gehapt, so ließ er sich doch denselbigen dißmals nit überwinden, sonder ußer aim hochen gemüet und

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bedenken, fürnemlich aber damit ime die dochter, die er heftig lieb hett, nit geschmecht wurde, verdruckt er allen vätterlichen schmerzen. Und aber es stunde ain kurze zeit, fieng es an, dem Einharten ungehewr zu werden, dann im alle des kaisers, auch anderer reden und thon argwenig warden,

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wol gedenken kunte, das ein solches hoches fürnemen und that in die harr und sonderlichen aim solchen weisen kaiser nit verborgen bleiben konte; darneben auch bedacht, wie thorlichen und unverantwurtlich er gehandelt, auch was unrat ime noch hierauß ervolgen megte; derhalben entlichen sich

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entschloß, mit böstem glimpf unverzogenlich vom hof zu


  1. den ruggen] hs. dem ruggen.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_184.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)