Seite:De Zimmerische Chronik 2 175.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sich so lang, das hiezwischen seiner söne zwen, waren ieder über acht jar nit alt, mit ainandern sprachten vom metzgen, und wie sie dann mehrmals gesehen iren vatter das vich stechen, also überredt der ein knab sein brueder, das er

5

sich auch uf den schragen nider leget. Den selbigen stach er. Wie nun der knab heftig anfacht, wie billich, zu schreien und blueten, aber gleichwol baldt darauf verschiede, so badet ohne alle geschicht und zu unfahl der knaben muetter ein junges kindt im haus. Die erhört das geschrai baider knaben

10

vorm haus, lauft eilends herauß, den jamer zu stillen, aber es war zu spat. Interim vergist die guet fraw ires jungen kinds im badt, und dieweil sonst niemands im haus, der desshalben zugesehen, do ertrinkt dasselbig auch. Der metzger kompt ußer der kirchen, ersicht das groß herzlaidt.

15

Das bekommert in so hoch, das er angesichts aller umbstendt mit ainem brottmesser sich entleibet. Die betrüebt muetter wardt verhüetet etlich zeit, damit sie ir nit auch den todt anthete. Die stiftet über etlich zeit hernach ein ewig liecht geen Stetten ins closter, zu langwiriger

20

gedechtnus der sachen. Aber der knab, so sein brueder also, wie oblaut, entleibt, der wardt von dem alten graf Jos Niclausen von Zollern diser begangnen that halben fengclichen eingezogen und für recht gestellt und peinlichen beclagt. Also nach erwegung aller umbstende do legten die richter dem

25

knaben ain glitzenden newen goldtguldin für und darneben ein schönen, großen epfel, darunder gaben sie im die wal[1]. Also ußer ingeben des glücks do name der knab den epfel; domit bewis er sein kündtheit und unverstandt und erhielt im auch damit selbs das leben und das der dolus malus

30

bei im entschuldiget wardt; kam also mit dem leben darvon. Er ist hernach verschiffet worden, das man gründtlichen nit wissen mag, wohin er kommen, aber wol zu achten, er sei auch umb den bronnen gangen. Fast ain gleichförmige historiam haben wir, so bei

35

wenig jaren, circa annum domini [1355] 1520, unfer von der statt Bremen in ainem stettlin, dem stift gehörig, beschehen. Alda auch ain metzger gewonet, der het zwen junger söne; die sachen ainsmals umb fassnachtzeit iren vatter die schwein


  1. die wal] Liebrecht führt diese prüfung der urtheilsfähigkeit auf eine jüdische sage zurück; s. Germania XIV, 394 ff; vgl. das sicilianische volkslied »La Donna da Calatifimi,« Göttingische gelehrte Anzeigen 1871, s. 662.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_175.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)