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verloffen, darvon wer ain besonderer und gedechtnuswürdiger tractat zu machen. *


In disem capitel werden vermeldet etliche seltzame handlungen, die der gedechtnus wol würdig, so in anno
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1508 zu und bei Mösskirch sich begeben haben.

In dem jhar und namlich anno domini 1508, als herr Johanns Wernher die hochzeit gehalten, hat sich ain wunderbarliche geschicht unferr von Möskirch zugetragen, dann es haben die maier zu Igelswis domals ain hirten gehabt,

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genannt der Hailpronner, der ist ain gotzförchtiger und ain vilbettender mentsch gewesen. Der ist nun uf ain zeit mit der herdt vichs uf die waid gefahren, genannt am Kaiacker, zwischen Ingelswis und Igelswis; daselbst hat er sich ungeschicht, demnach es ganz haiß wetter war, uf ain

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creuzweg [1] oder wegschaiden gelegt und ist entschlaffen. Also ist gegen abendts, noch helles tags, ain gespenst zu im komen, das hat in geweckt und nachgends erwüscht, und wiewol er ain starker mann und derhalben sich von dem gespenst Iedig zu machen sich understande, iedoch so hielt

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in solch gespenst so steif, das er sich nit geregen mögte; und ob der guet Hailpronner gleichwol Gott mit größestem ernst in seinem herzen anruefte, ine in seinen höchsten nöten und gefahrlichkaiten nit zu verlassen, so fuer doch nichs desto weniger das gespenst mit ime durch alle Iüften

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hindurch, und wie er, Hailpronner, hernach selbs angezaigt, so sein sie letzstlich seins bedunkens und erkennens nach langem hin und wider schweben in Iüften bei dem Bolterweier in waldt kommen. Da hat in das gespenst in ain große höle im waldt an aim rain, das er doch zuvor

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daselbs nihe gesehen, gefürt. In solcher höle hat der hirt wunderbarliche ding gesehen, under den vil mentschen, weibs- und manspersonnen, die dozumal noch ainsthails gelept haben, auch vil, die abgestorben gewesen, die er den mererthail alle wol gekennt hat. Under sollichen gewesen der

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alt Gremlich zu Menningen, des alten Hannsen Gremlichs, der die von Ehingen gehabt, vatter, und etliche pfaffenkellernen; insonderhait aber hat [er] [2] des pfarrers zu Möss-


  1. creuzweg] über die bedeutung der kreuzwege im volksglauben s. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube, register unter Kreuzweg. Vgl. Faustbücher.
  2. er] fehlt in der hs.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_150.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)