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Dise zwo schwestern seind über die maßen schön gewest, und als obgedachte marggrefin auf ain zeit in den erzstift Trier gezogen, iren son, den churfürsten, erzbischof Jacoben, haimzusuchen, hat graff Jacob von Manderschidt, der bei

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gemeltem churfürsten zu hof war, ain solche liebe zu bemelter fröle Margreth genomen, das er irem bruder, herrn Johannsen Wernhern, ernstlich desshalb schreiben und irer zu ainem gemahel, auch one alle zugab oder heiratguet, begern lassen. So hat herr Johann Jacob freiherr zu

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Merspurg und Befort herrn Johannsen Wernhern umb die ander schwester, fröle Barbara, durch anbringen etlicher grafen und herren, inen zu baiderseits verwandt, mermals ansuchen lassen und sie zu gleicher weis, wie graf Jacob von Manderschidt, ohne alles aussteuren und abfertigen begert, dann

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inen baiden, Manderschidt und Merspurg, der groß abfaal und verderben des zimbrischen geschlechts wol bewist, derhalben sie baide als reich graven und herren nach ehrn und merung freundtschaft und nit nach reichtumb sich zu verheiraten begerten. Aber herr Johanns Wernher ist also

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langsam und liederlich in diser sach gewest, das er iezbemelte herren so lang ufgezogen, das dieselben, zu ungedult bewegt, sich anderswa verheirat haben. Dermaßen hat herr Johanns Wernhern seine Schwestern versaumbt, wie das sprüchwort sagt: »Fronte capillata post occasio calva[1],« 

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desshalben seinem stamen und namen hiemit wenig ehr eingelegt. In mittler zeit hat herr Wolf von Affenstain, ritter, welcher auch bei marggraf Christoffen zu hoff, durch pratiken sovil zu wegen gepracht, das bemelt frölin Margreth im die ehe verhaißen, derhalben ir fraw muetter, so domals

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zu Oberndorf am Negker seßhaft, als sie des bericht, sie wider vom hof genomen und ain zeitlang bei ir enthalten. In kürze darnach ist bemelter herr Wolf von Affenstain[2] geen Oberndorf komen, daselbst hochzeit gehabt, auch gleich darauf bemelt sein gemahel mit im geen Dirmstain, alda

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er sein sitz, gefüert. Nachdem nun die sach also ergangen, ist herr Johanns Wörnher ganz undultig über disen heirat gewest, wiewol er schuldig, dann seine baid brüeder der zeit ains thails dem studio nachzogen, derhalben sich des


  1. calva] Binder, Novus Thesaurus Adagiorum Latinorum s. 132: Fronte capillata, post est occasio calva. Cato 2, 26.
  2. Affenstain] vgl. Humbracht, Die höchste Zierde Teutsch-Landes und Vortrefflichkeit des Teutschen Adels s. 238.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_112.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)