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menigclichen lachen must. Grave Friderrich von Fürstenberg vermocht sich sein wol und thette im bosheiten, wa er konnte. Es war uf ain zeit ain großer tag zu Stutgarten. Wilhalm von Reischach kam auch dahin und pracht ain

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leibdingsbrief[1] mit sich, war gar nahe seiner besten gülten aine. Grave Friderrich wardt dessen gewar, bekamme ain alten permentin brief, der ungefärlich in der größe war, wie der leibdingsbrief, geth zum Wilhalm, nimpt ime den leibdingsbrief und zeucht den andern herfür, sticht aber darvor

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[1208] ain groß loch darein. Dess gehub sich der Wilhalm ganz übel, wolt grave Friderrichen nur vor der künigclichen regierung verclagen. Also do man in lang ließ uf dem kropf sitzen, do ward ime zu letzst der brief wider geben. Es hett der alt herr Wilhalm, truchseß, ain pfrundner,

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hieß Victor, war ain seltzamer, wunderbarlicher abenteurer, von dessen hendln ein sonders lustigs capitel were zu machen. Derselbig und dieser Wilhalm von Reischach konten sich selten mit ainandern vergleichen. Ainsmals het Wilhalm von Reischach ein alts, kleins dölchle an der girtel. Des

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gefiel dem Victor und wolts ie haben. Der von Reischach sprach: »Ich gib dirs nit, dann es meins lieben vatters und änis gewesen.« So sprücht Victor: Ir gohn mit narrenwerk umb, was machen ir mit dem dölchle? heten ir Hornstain[2] und Hewdorf darfür behalten, weren euch warlich nutzer,

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dann das dölchle.« Damit het er Wilhalmen also ußer der wiegen geworfen, das er ganz zornig von ime gieng, sprechendt: »Das dich botz herziger herz schendt! du bist ain schandtlicher narr.« Er kam darnach zu dem elter herr Jörgen truchseßen von Waldtpurg, dessen hofmaister er

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ware zu den zeiten, als herr Jörg statthalter war in der königclichen regierung zu Stuttgarten. Dem macht er vil kurzweil, und ließ sich uf dem pretspill leuchtlichen erzürnen, und sprach gemainlich, es solte keiner sein weib zu vil lasen im pret spilen, dann wann es lang umbher gienge, so gebe

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man zu letzst die böst gab beim ars. Herr Jörg, truchseß, het dozumal ain großen stat zu Stutgarten. Er hielt etliche edle knaben; deren fürgesetzter war Wilhalm von Reischach


  1. eibdingsbrief] hs. leibßdingsbrief; s. unten z. 8.
  2. Hornstain] über das schloß und die in dieser chronik oft erwähnten herrn von Hornstein s. Lichtschlag, Zur Geschichte der Burg Hornstein und ihrer Besitzer, in Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Hohenzollern. IV. Jahrg. 1870/71. s. 51 ff. und V. Jahrg. 1871/72. s 51 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_066.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)