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diener voranher und er hernach zu der kleinern thür hinein geritten, hat der diener, so vermaint, er hab sein vellis noch, dem hausknecht bevolchen, das großer thor zu effnen, damit er das vellis nit zerstoß. Aber es hat sein nit bedörft.

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Solche bueben sein so frech und so verzweifelt, das sie auch zu zeiten diser bösen stuck sich vor irem aignen künig nit enthalten, wie sich dann das vor jaren, als ich erstlichs in Frankreich geschickt wardt, warhaftigclich begab. Derzeit war der künig in Langedoc und Provinz gewesen und raiste

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durch Leon; do blib er etlich zeit still ligen. Eins tags ritt der künig spaziern und vil fürsten und großer herren mit ime, under denen ainer, so allernechst vor dem künig ritt, ain schöne guldin köttin am hals hett. Derselbig aber thete die kettin ab und legts in das säcklin, so an seinem samatin

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sayon oder balrock angenehet, wie dozumal solche schiebsäck an röcken vast gepreuchig waren. Das sahe nun künig Franciscus und ließ es sein. Über ain kleine weil kompt ain wolbeklaidter lakei, der geet neben dem künig einher, sprücht: »Herr, herr künig, Euer Majestat neme sich der

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sach nit an«, geet damit zu dem herren, so vor dem künig ritt, greift im mit der ainen handt höflich in den sayon, nimpt mit der ainen handt die kettin herauß, das sein der ander nit gewar wardt, lachet den künig an, und mit der andern handt legt er den vordern finger uf den mundt,

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welches dann bei den Franzosen ein zeichen, als ob man pitt umb ain stillschweigen und das die sach heimlich seie. Dem künig gefiel die boshait wol, lachet der und vermaint nit anders, dann es hett ainer under denen fürsten [1197] disem die boshait also zugericht. Damit kam der böswicht

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mit der kettin under dem volk[1] und getreng darvon, der auch also entrunnen ist; dann der künig gebote den nachvolgenden mit der handt, sie sollten schweigen und in passieren lassen. Als aber der künig darnach des betrugs war worden, ist er übel zufriden gewesen und hat im nachstellen

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lassen, aber es ist vergebens gewesen. *


  1. volk] hieß in der hs. ursprünglich rock, welches irrthümlich in vlockh geändert wurde.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_411.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)