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ritter fahen lassen. Denselbigen hat er in ainem zorn über alle gethonne entschuldigung enthaupten und den leib under das hochgericht vergraben lassen; das haupt aber hat er in ein eisin kettin einfassen lassen, und allen imbiß, so er

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zu tisch gesessen, brachten etlich diener die grefin in das gemach hinein. Die het das haupt an der kettin am hals hangen, muest in ain winkel sitzen; da gab man ir wasser und brot, das must sie mit den hunden essen. Sollich straf und pen het ir der graf, ir gemahl, ain jar lang zu ainer

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bueß geordnet[1]. One zweifel ist es ain ellender anblick gewesen, das ain stain erbarmbt sollt haben, auch kain wunder gewesen, da schon die arm fraw in disem jamer vor lauterm kommer und laidt ir leben het geendet. Aber, wie zu gedenken, so hat sie ir unschuldt dem allmechtigen Got

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bevolchen und dem auch allen iren unfahl bevolchen und haimgesetzt. Der hat sie auch hernach erhört und ganz wunderbarlichen ußer aller not erlest, und ist guetlichen zu glauben, Got hab ir unschuldt und arbaitselligkait angesehen und den hailigen bischof s. Ulrichen[2] im gaist erweckt, das

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er von seinem bisthumb zu Augspurg ein zeit lang sich gethon und an Reinstram sich hinab begeben, wie er dann vil großer und weiter raisen verbracht, in denen Got vil wunders und unglaublicher sachen durch ihn hat gewürkt, also auch iezmals in unser historia beschehen. Dann als er

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unlangs nach diser laidigen handlung an Reinstram kommen, auch hin und wider uf unsern seiten und jenet Reins die hailigen stett und clester heimgesucht, do ist im der graf von Leiningen, von dem wir hieoben gesagt, entgegen zogen, hat in, als dem er etwas mit sipschaft war verwandt,

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gar ersamlichen empfangen, darbei auch mit hochem ernst zu sich geen Hartenberg geladen, gleichwol etlich wellen, es sei zu Alten-Leiningen beschehen. Das laß ich nun sein, und gilt gleich, an welchem ort es beschehen; dann zu achten, das er in seinen beschwerten hendeln seins raths hab

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pflegen wellen. Wiewol nun s. Ulrich nit gewon was, bracht


  1. geordnet] Liebrecht, Germania XIV, 391, verweist auf ähnliche geschichten, die Benfey, Pantschatantra I, 443—454 behandelt; s. auch Schimpf und Ernst von Joh. Pauli (bibliothek des litterar. Vereins LXXXV, s. 149, cap. CCXXIII, und dazu Heidelberger Jahrbücher 1867, s. 70; Birlinger, Aus Schwaben I, 47.
  2. s. Ulrichen] die literatur über ihn und seine wunder s. bei Potthast, Bibliotheca s. 915; s. auch Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben I, 406, nr. 634 und anmerk. s. 513.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 356. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_356.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)