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gehört schreien. Er stig hinauf zum nest, name die jungen rappen auß; bei denen fandt er auch den mehelring. Den nam er zu sich und vermaint, ime wer damit groß glück beschert. Er stackt den ring zu seinem großen unfahl an

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ain finger. Nit lang darnach, als der jeger wider geen hof kam, erkannten die andern diener den ring und vermainten nit anders, dann es het im die grefin den ring geben. Es stande nit lang an, die schwetzer brachtens für den grafen. Der erschrack übel darab und wolts nit glauben, aber die

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klapperleut die prachten im den jeger sampt dem ring under augen. Dem zog einer den ring ab der handt und überantwurt in dem grafen. Der wardt gleich so gar erzürnt, das er ohne ainiche weitere erkundigung oder verhöre den jeger eim wilden ross ließ anbinden und sollichs den perg

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herab laufen. Damit wardt er über steck und stauden gefüert und allerdings verschlaift. Es war nit genug an der grausamen that, der graf wente ie, es gieng mit der grefin, seinem gemahl, und dem jeger nit recht zu, darumb in großem zorn und in der gehe eilet er ins frawenzimmer und

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ohne ainich weiter bedenken oder barmherzigkait do ergreift er sein gemahl, würft die zum höchsten des schloß zum laden hinauß, und wiewol kain wunder, da schon die from grefin von höche des falls erstickt oder zerschmetteret und das kain glidt oder pain bei dem andern bliben were,

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iedoch so befalch sie in allem irem trüebsal und fallen sich und ir unschuldt dem allmechtigen mit großem ernst. Der behüetet sie auch wunderbarlichen, das sie ohne allen schaden und verserrung ires leibs hinab kam. In demselbigen wilden und rauchen tobel blib die grefin etlich jar, enthielt

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sich in ainem holen felsen, und war ir narrung anders nichs, dann schlehen und holzöpfel. Nach langer zeit kam des grafen jeger ainer, ohne zweifel ußer sonderer schickung Gottes, mit ainem laithundt in das bemelt tobel biß zu der hile, darin die grefin sich enthielte. So baldt er sein frawen

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angesprochen und erkant het, da eilet er mit großen frewden widerumb ins schloß, sagt seim herren alle sach, wie er sie lebendig und gesundt, aber in großer armut in dem holen felsen gefunden, die ime darbei ir unschuldt zu erkennen geben. Grave Hainrich wolts lang nit glauben, das

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sie noch bei leben sein könte, ließ sich doch den jeger [1218] bereden, das er mit ime dahin gieng. Also fürt der jeger den grafen biß zu der höle, do gieng die grefin her-

Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_353.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)