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under inen mehr kirsen, als dem andern, wurde, do haben sie ainhelligclichen sich entschlossen, und ist jungs und alts, weib und man, iederman ußer dem dorf, ainsmals uf den paum gestiffen, die kriesen abzubrechen. Damit haben sie

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den paum beschwerdt, in masen, das der mererteil nest abgebrochen. Wer darauf gesessen oder gestanden, ist alles heraber gefallen, und ist nur ain wilde burzlet gewesen. Gleicher gestalt sagt man warhaftigclichen von inen, sie haben uf ain zeit ain galgbronnen in irem dorf gemesen[1],

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haben iren etliche sich in den pronnen hinab gelassen, und ainer an den andern gehept und sich angehenkt; der aber zum obristen gehangt, hat in die hendt gespeuzet, sich dester fester zu erheben und zu erhalten; damit hat er gelasen, und sein also mit ainandern in pronnen hinab gefallen. In

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diser dunkeln zeit hat man nicht wichtigers oder mehrers ußzurichten gehapt. * * [1271] Man sagt, das dieselbigen pauren von Gaienhofen einsmals haben iren dorfbrunnen wellen messen, wie dief er seie, und haben sich iren etlich bauren an ainandern

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gehenkt, die hinabgestiegen. Do hab der unterest dem obersten zugeschrüen; der hab baide hende ufgethon und geen lassen, do seien sie alle mitenandern hinabgefallen, wol abher ins teufels namen; ob aber das ohne schaden zugangen, ist musslich. *

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* [1298] Man sagt, das die pauren von Gaienhofen zu ainer andern zeit irem[2] schulthaisen etwas am haus wellen bössern, seien mit aim leren wagen in waldt gefarn und zimerholz gefelt. Wie sie ain holz ufgeladen, hab der eltest under inen gesprochen: »Dregt der wagen das holz, so tregt

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er auch noch ains,« damit haben sie noch ains ufgeladen. Hab ain anderer under denen pauren gesagt: »Tregt er dann die zwei hölzer, so tregt er auch das tritt,« damit auch das dritt ufgeladen, und also hernach das viert. Hiemit seie der wagen so gar überladen und beschwerdt worden, das er

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zerbrochen und schier nider gefallen. Do haben sie den wagen abgeladen, nemlich ain zimerholz, und gesagt: »Tregt er dann die vier helzer nit, so tregt er auch die drei nit,« nachgends aber ain holz abgeladen und gesprochen: »Die-


  1. galgbronnen . . . gemesen] derselbe schwank kommt auch in v. d. Hagen, Narrenbuch. 474 vor; s. Liebrecht, Germania XIV, 390. Vgl. hierzu den im Magazin für die Literatur des Auslandes 1879, 613 (an einem Fluß etc.) erzählten rumänischen volksschwank und Les Littératures poplaires de tous les nations I, Littérature orale de la Haute-Bretagne par Paul Schillot, Paris 1881, p. 254-255.
  2. irem] hs. irerem.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band I. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_1_318.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)