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ausser Staude sein den Aufruhr durch eigene Kräfte zu unterdrücken, zugleich aber durch die Umstände gehindert werden, die Hülfe des Bundes zu begehren, so ist die Bundes-Versammlung nichts desto weniger verpflichtet, auch unaufgerufen zur Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit einzuschreiten. In jedem Falle aber dürfen die verfügten Maßregeln von keiner längern Dauer seyn, als die Regierung, welcher die bundesmäßige Hülfe geleistet wird, es nothwendig erachtet.

Art. XXVII. Die Regierung, welcher eine solche Hülfe zu Theil geworden, ist gehalten, die Bundes-Versammluug von der Veranlassung der eingetretenen Unruhen in Kenntuiß zu setzen, und von den zur Befestigung der wiederhergestellten gesetzlichen Ordnung getroffenen Maßregeln eine beruhigende Anzeige an dieselbe gelangen zu lassen.

Art. XXVIII. Wenn die öffentliche Ruhe und gesetzliche Ordnung iu mehreren Bundesstaaten durch gefährliche Verbindungen und Anschläge bedroht sind, und dagegen nur durch Zusammenwirken der Gesammtheit zureichende Maßregeln ergriffen werden können, so ist die Bundes- Versammlung befugt und berufen, nach vorgängiger Rücksprache mit den zunächst bedrohten Regierungen, solche Maßregeln zu berathen und zu beschließen.

Art. XXIX. Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justiz-Verweigerung eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hülfe nicht erlangt werden kann, so liegt der Bundes-Versammlung ob, erwiesne, nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen jedes Landes zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der B:Regierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.

Art. XXX. Wenn Forderungen von Privat-Personen deßhalb nicht befriedigt werden können, weil die Verpflichtung, denselben Genüge zu leisten, zwischen mehreren Bundes-Gliedern zweifelhaft oder bestritten ist, so hat die Bundes-Versammlung, auf Anrufen der Betheiligten, zuvörderst eine Ausgleichung auf gütlichem Wege zu versuchen, im Fall aber, daß dieser Versuch ohne Erfolg bliebe, und die in Anspruch genommenen Bundes-Glieder sich nicht in einer zu bestimmenden Frist über ein Compromiß vereinigten, die rechtliche Entscheidung der streitigen Vorfrage durch eine Austrägal-Instanz zu veranlassen.

Art. XXXI. Die Bundes-Versammlung hat das Recht und die Verbindlichkeit, für die Vollziehung der Bundes-Acte und übrigen Grundgesetze des Bundes, der in Gemäßheit ihrer Competenz von ihr gefaßten Beschlüsse, der durch Austräge gefällten schiedsrichterlichen Erkenntnisse, der unter die Gewährleistung des Bundes gestellten compromissarischen Entscheidungen und der am Bundestage vermittelten Vergleiche, so wie für die Aufrechthaltung der von dem Bunde übernommenen besonderen Garantieen, zu sorgen, auch zu diesem Ende, nach Erschöpfung aller andern bundesverfassungsmäßigen Mittel, die erforderlichen Executions-Maßregeln, mit genauer Beobachtung der in einer besonderen Executious-Ordnung dieserhalb festgesetzten Bestimmungen und Normen, in Anwendung zu bringen.

Art. XXXII. Da jede Bundes-Regierung die Obliegenheit hat, auf Vollziehung der Bundes-Beschlüsse zu halten, der Bundes-Versammlung aber eine unmittelbare Einwirkung auf die innere Verwaltung der Bundesstaaten nicht zusteht, so kann in der Regel nur gegen die Regierung selbst ein Executions-Verfahren Statt finden. — Ausnahmen von dieser Regel treten jedoch ein, wenn eine Bundes-Regierung, in Ermangelung eigener zureichenden Mittel, selbst die Hülfe des Bundes in Anspruch nimmt, oder, wenn die Bundes-Versammlung unter den im sechs und zwanzigsten Artikel bezeichneten Umständen, zur Wiederherstellung der allgemeinen Ordnung und Sicherheit unaufgerufen einzuschreiten verpflichtet ist. Im ersten Fall muß jedoch immer in Uebereinstimmnng mit den Anträgen der Regierung, welcher die bundesmäßige Hülfe geleistet wird, verfahren, und im zweiten Fall ein Gleiches, sobald die Regierung wieder in Thätigkeit gesetzt ist, beobachtet werden.

Art. XXXIII. Die Executions-Maßregeln werden im Namen der Gesammtheit des Bundes beschlossen und ausgeführt. Die Bundes-Versammlung ertheilt zu dem Ende, mit Berücksichtigung aller Local-Umstände und sonstigen Verhältnisse, einer oder mehreren, bey der Sache nicht betheiligten Regierungen, den Auftrag zur Vollziehung der beschlossenen Maßregeln, und bestimmt zugleich sowohl die Stärke der dabey zu verwendenden Mannschaft, als die nach dem jedesmaligen Zweck des Executions-Verfahrens zu bemessende Dauer desselben.

Art. XXXIV. Die Regierung, an welche der Auftrag gerichtet ist, und welche solchen als eine Bundes-Pflicht zu übernehmen hat, ernennt zu diesem Behuf einen Civil-Commissair, der, in Gemäßheit einer, nach den Bestimmungen der Bundes-Versammlung, von der beauftragten Regierung zu ertheilenden besondern Instruction, das Executions-Verfahren unmittelbar leitet. Wenn der Auftrag an mehrere Regierungen ergangen ist, so bestimmt die Bundes-Versammlung, welche derselben den Civil-Commissair zu ernennen hat. — Die beauftragte Regierung wird, während der Dauer des Executions-Verfahrens, die Bundes-Versammlung von dem Erfolge desselben in Kenntniß erhalten, und sie, sobald der Zweck vollständig erfüllt ist, von der Beendigung des Geschäfts unterrichten.

Art. XXXV. Der Bund hat als Gesammt-Macht das Recht, Krieg, Frieden, Bündnisse, und andere Verträge zu beschließen. Nach dem im zweiten Artikel der Bundes-Acte ausgesprochnen Zwecke des Bundes übt derselbe aber diese Rechte nur zu seiner Selbstvertheidigung, zur Erhaltung

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_548.jpg&oldid=- (Version vom 11.7.2016)