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den Rechten und Reichs-Sachen wolgeübt. Und die gerichtliche Processen zu referiren tauglich und geschickt seyn, damit männiglich schleunige und unpartheyische Justitia administrirt, besetzt werden.

§ 2. Und dieweil die allzugrosse Menge der Räthe nur zu mehrer Verlängerung der Raths-Geschafften gereicht, also haben Wir Uns allergnädigst resolvirt, daß hinfüro jetztermeldtes Unsers Reichs-Hof-Raths Mittel über achtzehen Personen, mit eingeschlossen des Reichs-Hof-Raths-Präsidenten (ausser des Reichs-Vice-Cantzlers) sich nicht erstrecken soll; gestaltsam Wir auch keinen neuen Rath annehmen oder resolviren wollen, biß ein ordentliche Vacanz von obgemeldten achtzehen Personen sich ereignen wird.

Wir wollen auch unter diesen achtzehen Personen sechs vom Herrn-, Ritter- und Gelehrten-Stand der Augspurgischeu Confession Verwandte und der Reichs-Sachen erfahrne Männer aus denen Reichs-Craisen, darinn entweder die Augspurgische Confessions-Verwandte allein, oder zugleich die Catholische Religion im Schwang gehet, annehmen, damit auf begebenden Fall die Gleichheit der Richter von beeder Religion Assessorn observirt werden möge; thun auch hiemit befehlen, daß nicht allein bey dem Cammer-Gericht, sondern auch bey Unserem Kayserl. Reichs-Hof-Rath so wol geistliche als auch weltliche Sachen, so zwischen den Catholischen und Augspurgischeu Confeßions-Verwandten schweben, oder auch wann Catholische wider Catholische streiten, und der tertius Interveniens ein Augspurgischer Confeßions-Verwandter ist, und hinwiederum, wann der Streit zwischen der Augspurgischen Confession zugethanen Ständen wäre, und der tertius Interveniens ein Catholischer seyn würde, mit Zuziehung beederseits Assessorn in gleicher Anzahl erörtert und entschieden werden. Und eben diese Gleichheit der Assessorn soll auch observirt werden, so offt ein Augspurgischer Confeßions-Verwandter unmittelbarer Stand oder ein unmittelbarer Catholischer von einem mittelbaren Augspurgischen Confeßions-Stand für Gericht besprochen wird.

§ 3. Alle diese achtzehen Personen sollen dem Reichs-Hof-Rath stets beywohnen, darinnen ohne Unterscheid des Stands gebührlich referieren und Unserem Kayserl. Hof je und allezeit, welcher Orten derselbig gehalten wird, nachfolgen. —

Tit. II.

§ 1. In Unserem Reichs-Hof-Rath sollen alle und jede Sachen, das Heilige Römische Reich, desselben Hochheit, Recht, Herrlichkeit, Gerechtigkeit, Pfandschafft, Lösung, Regalien, hohe und niedere Lehen, Privilegien, Indult, Confirmation und anders, wie solches Namen haben mag, und in Summa, was nach der unfehlbaren Justitien dirigirt und decidirt werden solle, insonderheit alle und jede Parthey-Sachen, die Rechts, Gewohnheit, Connexität und Consequenz halber für Unser Kayserl. Gericht gehören, oder von den ersten Instantien durch Mittel der Appellationen, Supplicationen, Dictionis nullitatis, Implorationis Officii oder in andere alleweeg sich dahin wenden, fundirt und gehörig seyn, die sollen allda angenommen, gerechtfertiget, darüber erkennet und die Nothdurfft ausgefertiget werden.

§ 2. Wir befehlen auch hiemit Unserem Reichs-Hof-Raths-Präsidenten und Räthen ernstlich und wollen, daß sie in Erkennung der Citationen, Rescripten, Mandaten und andern Processen nicht bloß allein Unser Kayserl. Hochheit, sondern auch Unsere und des Heiligen Reichs Churfürsten, Fürsten, Grafen, Herren, Stände, Gefreyter Reichs-Ritterschafft, Reichs-Städten und anderer mittel- und unmittelbahren Unterthanen Privilegia der ersten Instanz, Jura Austregarum, Privilegia de non appellando und der Summa, unter welcher man nicht appelliren und die Sach an höhere Gericht bringen kan, aller Gebühr nach sorgsamlich in acht nehmen und den Reichs-Ständen unberührt verbleiben lassen, darwider auch durch Mandata, Commissiones, Advocationes oder auf einige andere Weiß niemand beunruhigen oder beschwehren, sondern in Erkantniß der Proceß, auch Annehmung der Appellation sich den gemeinen Rechten, Reichs-Abschieden und wolverordneten Satzungen, ohne Verletzung der Ständ Privilegien, gemäß verhalten; und da etwa in Unserem Reichs-Hof-Rath Sachen fürkämen, darinnen die Unterthanen wider ihre ordentliche Obrigkeiten sich beschweren, soll es mit denselbigen also gehalten werden, wie es im Reichs-Abschied de Anno 1594. §. „Wann[1] aber von gemeiner Interlocutori etc. et seq.“ versehen, nemlich wann aus den narratis aupplicationis vel appellationis erscheinen würde, daß die Obrigkeit tanquam pars und als ein Widersacher, nicht aber als ein Richter gehandelt, alsdann die Sachen an die Richter erster Instanz gewiesen, wann aber die Obrigkeit als Iudex iure et vi suae potestatis et Iurisdictionis für sich selbst oder auf eines anderen Anhalten ihren Untertanen oder einem anderen ausser Gerichts mit beschwerlichen Bescheiden, Gebott und Verbott oder Geld-Straffen gravirt und darvon appellirt worden, solche Appellationes angenommen werden sollen.

§ 8. So wollen wir auch, daß Unser Reichs-Hof-Rath sonsten und in denen Fällen, darinnen Wir und Unsere Vorfahren am Reich Unserm Cammer-Gericht concurrentem Iurisdictionem zu mehrer Befürderung der Partheyen und Unserer Übertragung mitgetheilt haben, demselben seinen stracken Lauff lassen und per avocationem causarum nicht verhindern, wann nemlich solche Sachen allbereit daselbst durch ausgewürckt- und insinuirte Citation anhängig gemacht worden, darauf dann Unsere Reichs-Hof-Räthe ein sonderes Aufmercken haben, auch, so viel müglich, desselben Unsers Kayserl. Cammer-Gerichts Ordnung und in allen Sachen gewöhnlichen Proceß, Termin und Solennitäten

  1. § 94, NS. d. RA. III, S. 436.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit.Tübingen: Verlag von J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1913, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zeumer_V2_444.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)