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als eine Entwickelung ihrer Kräfte in allen Gestalten, Gattungen und Arten. Diese Evolutionen gehen langsam, oft unbemerkt fort, und meistens erscheinen sie periodisch. Auf die Nacht des Schlafs folgt der Morgen des Erwachens; unter dem Schatten Jener hatte die Natur Kräfte gesammlet, Diesem, dem Morgen, munter zu begegnen. In den Lebensaltern der Menschen dauert die Kindheit lange; langsam wächset Körper und Geist, bis mit zusammengenommenen Kräften die Blume der Jugend hervorbricht und die Frucht späterer Jahre allmälich reifet. Sehr unrecht hat man diese Perioden der Entwicklung Revolutionen genannt: Hier revolvirt sich nichts, aber entwickelt (evolvirt) werden die Kräfte. Immer kommen verborgenere, tieferliegende zum Vorschein, die ohne manche Vorhergehende nicht thätig werden konnten. Deßwegen machte die Natur Perioden; sie ließ dem Geschöpf Zeit, von einer überstandenen Anstrengung sich zu erholen, um eine andre noch

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_387.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)