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Vielerlei Ursachen können zu diesem frühen Tode beitragen, Eigenschaften des Geistes und des Herzens, zu große Wirksamkeit und zu träge Geduld, Erschlaffung sowohl als Ueberspannung, zu schnelles Glück und zu lange daurendes Unglück. Denn überhaupt ist ja Gesundheit, Munterkeit, Vergnügen und Tugend allezeit die Mitte zweier Extreme. Sowohl am schroffen als am seichten Ufer des Stroms können Fahrzeuge ihren Untergang finden; mitten im Strome schiffet es sich leicht und fröhlich. Mancher veraltete, weil es ihm an der wahren innern Quelle des Lebens und der Thätigkeit fehlte; er war ein zusammengeflossener Bach, der bald versiegt und sein trauriges Bett zeigt. Bei Jenem sollte der Schein des Seyn ersetzen; die Finsterniß weicht, und die Johanniswürmchen in seinem Haar glänzen nicht mehr als funkelnde Diamanten. Bei diesem sollte Gedächtniß und Mühe thun, was allein der Verstand und Genius thun konnte; das überladne

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_368.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)