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Glauben Sie auch nicht, m. Fr., daß das Wunderbare schlechthin die Belehrung aufhebe; es macht dieselbe nur angenehmer, indem hinter seinem Geheimnißreichen Schleier der Verstand gleichsam verstohlen und desto freiwilliger sich selbst belehret. Fragen Sie sich, ob nicht, als Sakontala höchst unschuldig nach der Weise Gandarwa des Königes Vermählte ward, Sie sich selbst fürchtend gesagt haben: „Blume der Unschuld, das sollest Du nicht thun! Du sollest deinen Vater Kanna erwarten.“ Oder wenn Sie, Zutrauensvoll wie Sakontala, damals noch nicht fürchteten, ob Ihnen nicht wenigstens in der entsetzlichen Scene, da der König sie ganz und gar verkennet, mithin sie und das Kind unter ihrem Herzen aufs höchste kränket, da sie, eine Königinn, die rechtmäßige Gemahlin Duschmanta’s, von ihrem Ringe, von jedem andern Beweise, von Göttern und Menschen verlassen, in der niedrigsten Gestalt dasteht, ob Ihnen nicht, damals

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_318.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)