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und Furcht, wirken soll; kann es eine zartere, und zugleich lebhaftere Theilnehmung geben, als die wir gegen Sakontala in allen ihren Begegnissen fühlen? Aber auch gegen Duschmanta? Hier, m. Fr. verwirret sich der Faden der Theorie, den wir nicht zerrreissen, sondern gemach entwickeln wollen: denn eben dadurch wird vielleicht der Unterschied Orients und Griechenlandes sichtbar.


Duschmanta hat den Wald, und in ihm seine geliebte Sakontala verlassen, ohne die er nicht leben zu können glaubt, die er als seine Vermählte in wenigen Tagen abzuholen versprochen. Er holet sie nicht; ein böser Fluch ist auf sie gefallen, daß ihr Gemahl sie vergessen, daß er sie nicht anerkennen werde, bis er den ihr zurückgelassenen Ring erblickt; und unglücklicher Weise mußte sie auch diesen verlieren. Sakontala weiß von diesem Verhängnisse nichts; Duschmanta eben so wenig; beide leiden also unverschuldet. Glauben wir dieses nun ganz und rein, wie es der Dichter will

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_309.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)