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Erde. Welch eine eigne Art alles anzuschauen! Götter und Geister, Könige und Hofleute, Einsiedler, Bramanen, Pflanzen, Weiber, Kinder, alle Elemente der Erde. Und wie tief ist alles aus der Philosophie und Religion, der Lebensweise und den Sitten der Indier nach ihrem Klima, ihren Geschlechterabtheilungen und sonstigen Verhältnissen geschöpft, ja in diese verwebet. So äffet man nicht nach, auch wenn man das System und die Lebensart der Indier auf allen Fingern herzusagen wüßte. Ueberdem ist die Zeit, in welche dies Stück gehört, auch für Indien nicht die heutige Zeit; die Sitten, die darinn herrschen, sind nicht die heutigen Sitten. Das Band, das Götter und Menschen, die sichtbare und unsichtbare Welt knüpft, ist so sonderbar geflochten, das wir es der Denkart unsres Zeitalters nach, zwar anstaunen und erklären, schwerlich aber erfinden und als eigne Schöpfung darstellen könnten. Führen Sie mir nicht den Mac-Pherson mit seinem Ossian, oder den unglücklichen Chatterton

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_296.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)