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Einem Betracht mancher unruhige Europäer dies schöne Land als den Sitz uralter Ruhe, Güte und Sanftmuth anstaunte. Nun sind viele ihrer Göttergeschichten so zart gedacht, ihre Mythologie ist so ganz eine Metaphysik des Blumen- und Pflanzenlebens, daß man aus ihr die schönsten Abbildungen der Kunst hoffen müßte d)[1] Brama, das indische Symbol der Schöpfung erscheint auf einem Lotosblatt, schwimmend über dem ruhigen Meer; sein Weib Sarasswadi, die Göttin der Wissenschaft und der Harmonie, hält ein Buch in der Hand, oder spielet die Citter. Wistnu, die erhaltende Kraft der Welt, zeigt sich in seinen ein und zwanzig Verkörperungen zwar mehrmals in fürchterlichen, einigemale aber auch in sehr annehmlichen Gestalten. Als die schöne



  1. d) S. die Mythologie der Indier bei Baldeus, Sonnerat, W. Jones on the Gods of Greece, Italy and India in den Asiatik Researches Vol. I., Forsters Anmerkungen zur Sakontala, dem übersetzten Bagawadam u. f.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)