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der Erde zu uns gekommen sind, und ohne die wir ein Freudloses, dürftiges Leben führen müßten. Maximen und Sitten sind auf uns geerbt, die nicht nur das Gesetz der Natur, das dunkel in uns liegt, erhellen, sondern uns auch erwärmen und Kraft geben, uns über Bedrückniß und Gewohnheit hinaufzuschwingen, Vorurtheile abzuschütteln, und indem wir andre Gemüther von demselben Licht des Wahren, Guten und Schönen durchdrungen fühlen, uns mit ihnen in Freundschaft und Thätigkeit weit inniger zu vereinigen, als Geist- und Sinnlose Körper sich je vereinigen können. Diese Kette von Wirkungen ist zu uns gelangt; sie hat uns umfaßt und umschlungen; wider Willen müssen wir an ihr halten und im Guten oder Bösen, thätig oder hindernd auf Welt und Nachwelt fortwirken. Dies ist das unsichtbare, verborgne Medium, das Geister durch Gedanken, Herzen durch Neigungen und Triebe, die Sinne durch Eindrücke und Formen, bürgerliche Gesellschaften durch Gesetze und Anstalten, Geschlechter durch Beispiele, Lebensweise

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_177.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)