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zum Ruhekissen macht, und sich über die Vergänglichkeit der Dinge der Welt mit ihrer Vergänglichkeit tröstet. Gut, daß wir Europäer in einem jüngern Lande und einem jüngern Menschenalter leben; gut, daß wir uns nicht durch ein Opium solcher Lehre, „daß doch Alles Nichts, alles hinfällig, unvollkommen und eitel sei“ in den gefährlichen Traum wiegen laßen dürfen, bei dem freilich das Hinfällige hinfallen, das Unvollkommene unvollendet bleiben muß, weil niemand Hand daran leget. Gut, daß wir nicht, dem Irrglauben der Morgenländer zu Folge, unser Schicksal von oben erwarten, indeß Verschmitzte oder Verwegne, Scheinheilige oder Freche die Genien sind, die unser Schicksal hienieden schreiben; vielmehr daß wir es für Würde, Natur und Charakter der Menschheit halten, durch Vernunft und nach Billigkeit unser Schicksal uns selbst einzurichten und aufzuzeichnen. Eben hiezu aber wird uns Sadi, ob er gleich ein Derwisch war, auch gute Winke geben. Und dann, da alles was ein Anfang hat, doch auch sein Ende finden

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_151.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)