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wo er einen schönen Jüngling fand, der, als er den Namen Sadi hörte, ihn nicht von sich lassen wollte. Sadi antwortete ihm mit einer Geschichte und beehrte seinen Abschiedskuß mit einem sehr zarten Spruch auf den Abschiedskuß der Freundschaft. 5) [1] In seinem wandernden, freien Zustande lernte er, wie sein Rosen- und Fruchtgarten davon gnugsame Proben giebt, die Sitten aller menschlichen Stände und Lebensalter seiner Gegenden, in Persien, Syrien, Arabien kennen. Auch an Höfen hat er gelebt, wie sein erstes Buch zeiget, in dessen herzlichen Zueignung an Abu-Bekr, König in Persien oder in Damaskus, er sich sehr demüthig entschuldigt, warum er so selten seinem Hofe erscheine. Kurz, Sadi scheint die Blüthe der moralischen Poesie für seine Sprache, in der er außerordentlich rein und lieblich geschrieben haben soll, gebrochen zu haben, wie denn seine Poesie für eine Rose derselben Jahrhunderte lang gegolten hat und noch gilt; er trägt also mit Recht, Trotz der Unfälle seines Lebens,



  1. 5) S. 93.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Vierte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1792, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_IV_(Herder)_139.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)