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mit guten Gründen. Er siehets selbst für Pflicht der Dankbarkeit an, sich als den Uebersetzer eines Mannes zu nennen, „der an der Bildung seines Geschmacks so großen Antheil gehabt. Denn es mag, fährt er fort, mit diesem beschaffen seyn wie es will: so bin ich mir doch zuwohl bewußt, daß er, ohne Diderots Muster und Lehren, eine ganz andere Richtung würde bekommen haben. Vielleicht eine eignere; aber doch schwerlich eine, mit der am Ende mein Verstand zufriedner gewesen wäre.“ Mich dünkt, jeder Verständige werde es mit ihm seyn. Die großen Schritte, die er von seinen ersten Schauspielen, so angenehm und nothwendig sie unserm Theater noch lange seyn werden, zu einem Philotas, einer Emilia Galotti, einem Nathan gethan hat, sind auch dem stumpfsten Auge unverkennbar. Und wenn er von Diderot sagt, „daß sich nach dem Aristoteles, kein philosophischerer Geist mit dem Theater abgegeben habe, als er,“ von wem gälte das reichlicher, von Diderot oder Leßing?

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_397.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)