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was wäre es für eine Sprache, die nicht jedem guten Kopf, nachdem er sie brauchen kann, gern dienen wollte?

Ich begnüge mich, Leßings Arbeiten mit einigem Urtheil durchzugehen. Lobrede brauchts bey ihm nicht; unbestimmte, schlechte, übertriebene Lobsprüche haßte er mehr, als den bittersten, nur einigermaaßen gründlichen Tadel. Noch entfernter bin ich, über alle Leßingschen Arbeiten und Verdienste mir ein Urtheil anzumassen. Ich masse mir eigentlich gar kein Urtheil über ihn an; sage nur über Einiges meine Meynung, und überlasse das andre, insonderheit seine Theaterwerke, andern. Mein Sinn ist nur, überhaupt die Spur zu verfolgen, wo Leßing seinen Weg nahm, wo er anfing, wo er aufhörte, wo andre ihm nachzugehen, oder weiter zu gehn haben.

Leßings erste Schriften und Lebensumstände kenne ich nicht; a)[1] das erste Buch, das ich


  1. a) In den Analekten für die Litteratur von Leßing (Bern 1785.) Th. 2. S. XII. ist ein Verzeichniß seiner früheren Stücke. Ueber seinen Gang zur Litteraturgeschichte hat sein Bruder im Vorbericht zum 4. Theil seiner vermischten Schriften Aufschluß gegeben.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_381.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)