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seinen Bruder oder ihre Mutter Nacht nenne man nicht: denn keine Person der dreien ist hier durch ein Symbol kennbar. Freilich wünschte ich, Pausanias hätte uns nur in zwo Reihen gesagt, mit welchen Attributen Schlaf und Tod


der Proportion und Schönheit der Gestalten nicht seyn: denn in Absicht jener wäre es völlig gegen das Anschaulich der Allegorie, die Söhne so groß und Mutter so klein vorzustellen, welche Proportion bei ähnlichen Allegorieen und ihrem Hauptbegrif die alten Künstler nie also beleidigten. In Ansehung der Schönheit konnten nach allen Beschreibungen der Dichter beide keine idealischen Gestalten haben; daher ich auch gar nicht anstehe, mich in der Variante von Abbildung des Schlafs, über die sich Leßing (S. 27.) mit Recht beschweret, mich für die Abbildung des Pighius (Spanhem. in. Callimach. p. 524. ed. Ernest.) zu erklären. Sie ist viel charakteristischer für diesen Gott, als die verschönete des Boißards; denn auch der Orphische Hymnus nennet ihn κεκραμενον, den starken und wohlgenährten.


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_322.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)