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Pluto in die Geschichte der Proserpina ein, die, wie ich glaube, ursprünglich nichts als das Andenken eines unerwarteten frühen Todes gewesen. Die Klagen der Ceres wurden hiebei nicht verschwiegen: in der ängstlichen Stellung fleht sie den Jupiter an, so wie ihre geraubte Tochter als eine von Schrecken Erstarrte in den Armen des Raubenden lieget. f)[1] Auf vielen Grabmählern kommt diese Geschichte vor: g)[2] denn sie war gleichsam das kanonische Bild zu den mancherlei klagenden Inschriften vom Raube des Aides oder des Orkus. Von jeder sterbenden Braut, sagte man, daß sie das dunkle Brautbett der Proserpina besteige: denn sie litt ihr Schicksal. Auf jedes Liebliche im Leben, wäre es auch nur ein Vogel, eine Cicada gewesen, hielt man den neidigen Orkus gierig. Bei edlen Jünglingen brachte man die traurige Geschichten


  1. f) Admiranda Rom. tab. 59. 60.
  2. g) Gorii inscr. T. III. tab. 35. Gruter. p. 590. Bellor. Sepulcr. Fig. 17. und sonst häufig.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_306.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)