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Nie sag’ ein Mensch, was werden wird,
Noch den er sieht, wie lang’ er leben werde;
Die Flügelschwingende Mücke
Verändert so schnell sich nicht, wie der Menschen Glück.

Alles im Menschenleben hebt und beugt die Zeit;
Doch lieben die Götter stets den weisen, nüchternen Sinn
Und hassen den Uebermuth.

Offenbar war mit solchen Lehrsprüchen, die in hundert vermehrt werden könnten, der Grund zu allen den Zügen gegeben, die das Bild der Nemesis vollendeten. Denn wenn diese bescheidene, weise Mäßigkeit der Menschen so oft die augenscheinliche Entscheiderin ihres Glücks und Lebens war, wenn in hundert Fällen es bemerkt wurde, daß der Glückliche nur dadurch gestürzt ward, daß er sich in seinem Glück nicht zu mäßigen wußte, indem er entweder den Neid andrer

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_255.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)