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Laßet uns also betrachten, wiefern die Empfindung einer Nemesis in der menschlichen Natur


Nemesis des Volks wollte er durch die Spiele versöhnen, daß es ihm nichts Böses nachwünschte: auch seine eigne Nemesis wollte er sich zur Freundin machen, damit er sich dieser Ehre nicht überhübe; das wollte die Versöhnung der Nemesis sagen. Auch Winkelmann hat den bestimmten Begrif dieser Göttin nicht immer im Auge behalten und sie bald mit Schicksal, bald mit einer Art Nachgöttinn verwechselt. Seine vorgeschlagene Allegorie z. B. von der den Verbrecher ereilenden Rache unter dem Bilde einer Nemesis, die ihm die Hand auf die Schulter legt (Allegor. S. 145.) ist daher ganz unbestimmt; vielmehr würde dies Bild sagen, daß die Göttin des Maasses den vor ihr Gehenden liebreich einhalte und ihn warne. Der Witz jenes Leo von Byzanz verführte unsern Allegoristen, daß er den ganzen Begrif der Nemesis aus ihm bestimmte. Leo sagte nämlich einem Bucklichten, der ihm die Schwäche seiner Augen vorwarf: „Mich tadelst du über ein menschliches Unglück, du, der die Nemesis selbst




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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_247.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)