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acumen)) zu fodern und giebt zuweilen sehr unbefriedigende Ursachen an, warum man sie fodre? Ueber die Kürze sagt man: „Die Aufschrift sei für den Wandrer gemacht und ein Wandrer müsse kurz abgefertigt werden.“ Wie aber, wenn der Wandrer ein müßiger Spatziergänger wäre und gern verweilte? Zudem sind ja die wenigsten Epigramme Aufschriften für die Landstraßen und wenn sie es wären, so müßte wer die lesen wollte, sich Zeit nehmen, sie zu lesen, sobald ihre innere Natur Weitläuftigkeit foderte. Diese aber selbst fodert Kürze und das ist der Grund der Regel. Ein Gegenstand nämlich soll zu einem einzigen Punct der Wirkung vorgezeigt werden; wie kann dies anders geschehen, als mit strenge gehaltner Einheit, mit Sparsamkeit sowohl als mit weisem Verhältniß der Züge gegen einander und auf den letzten Punct des Ausgangs? Da Worte nicht wie Farben schildern, da sie nur nach einander uns die Züge, wie Tropfen, zuzählen und der Vorige vorbei ist, wenn der folgende erscheinet: so

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_146.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)