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der Spruch selbst war die Anwendung. Bei welchem Volk der Erde ist es anders gewesen? Wir Deutschen sind vorzüglich reich an Sinnsprüchen, die uns statt wahrer Epigramme gelten: unter den 3000 Sinngedichten, die Logau gedichtet hat, werden sich wahrscheinlich drittehalb tausend Sinnsprüche finden, die vom wahren Epigramm wohl nichts als etwa die Kürze und den scharfsinnigen Ausdruck haben dörften.

Rücken wir also die angeführten Gattungen zusammen: mich dünkt, so breitet sich das Epigramm mit seinen känntlichsten Farben auseinander. Von der historischen Exposition erhebt es sich zum Sinngedicht mit Schilderung. Wendung und Täuschung; neiget sich endlich auf der andern Seite zum sinnreichen Spruch hinunter. Die Eintheilung der alten Theoristen, da sie die Epigramme in einfache und zusammengesetzte claßificirten, bekommt hiemit Bestimmung und Wahrheit: Denn die erste, oft auch die zweite, dritte und vierte Gattung wird sich zum Namen des einfachen, die fünfte, sechste,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_144.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)