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Lesern wie mir gegangen seyn, daß sie nemlich diese Entwicklung des Epigramms nicht so umfassend und genetisch gefunden haben, als manche andere vortrefliche Theorieen dieses philosophischen Dichters.

Denn zuerst: wenn Leßing das Epigramm für ein Gedicht erklärt, in welchem „nach Art der eigentlichen Aufschrift“ unsre Aufmerksamkeit erregt, gehalten und befriedigt werden soll und er die Worte nach Art der Aufschrift dahin erläutert, daß wie bei der wirklichen Inscription das Denkmal selbst Aufmerksamkeit gebietet und die Aufschrift diese erregte Neugierde nur befriedigt: so müßte, dünkt mich, in der Erklärung des künstlichen Epigramms, das beide Theile, Erwartung und Aufschluß vereinen soll, auch des Denkmals selbst Erwähnung geschehen. Mithin hieße es, dieser Theorie zu Folge: nach Art des Denkmals und seiner Aufschrift.

Aber warum nach Art der Aufschrift? Sind manche, zumal die ältesten Epigramme

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Zweite Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1786, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zerstreute_Bl%C3%A4tter_II_(Herder)_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)