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eigene Fügung des Schicksals zu liegen; ja, ich glaube sogar, daß es spanische Lieder waren, die hie und da meine Mutter, wenn sie einsam war, zur Laute sang. Ja, vielleicht kömmt es ebendaher, daß ich nicht in eurem Glauben erzogen wurde, obgleich mein Vater, wie ich bestimmt weiß, reformierten Glaubens war. Nun, das beste ist, unser Freund schreibt an Don Pedro.“

„Ja, thu’ mir den Gefallen!“ sagte Faldner, „schreibe an den alten Don, seine Laura habest du nicht gefunden, aber offenbar seine Tochter; es könnte doch zu etwas führen, du verstehst mich schon; wem will er auch seinen Mammon vermachen, als dir, du Goldkind. Ich habe es ja immer gesagt, und auch zur Gräfin Landskron sagt’ ich es, als ich um dich anhielt, wenn sie auch nicht viel, eigentlich gar nichts hat, mit ihr kommt Segen in mein Haus. Und haben wir da nicht den Segen? Wie hoch, sagtest du, daß du den Spanier schätzest?“


17.

Der Baron hatte frische Flaschen befohlen, und Josephe stand bei den letzten Worten auf und entfernte sich. Unbegreiflich war Fröben, wie unzart sein Freund mit dem holden, edlen Wesen verfuhr, er fühlte, wie sie sich vor ihm der Gemeinheit ihres Gatten schäme, er fühlte es und antwortete daher ziemlich unmutig: „Was weiß ich; meinst du denn, ich frage die Leute, mit denen ich umgehe, wie ein Engländer: ‚Wieviel wiegst du?‘“

„Ach, ich kenne ja deine sonderbaren Grillen über diesen Punkt“, lachte der Baron, „dir ist ein armseliger Geselle, wenn er nur das sogenannte Sentiment und Savoir vivre besitzt, so gut als einer, der zweimalhunderttausend Pfund Renten hat; aber ernstlich, mit dem Don müssen wir ins reine kommen, und ich rechne ganz auf dich.“

„Ja doch; du kannst gänzlich auf mich rechnen. Aber wie war es denn mit der Gräfin Landskron? Du sagtest mir ja noch nicht einmal, wie du deine Frau kennen lerntest.“

„Nun, das ist eigentlich eine kurze Geschichte“, erwiderte Faldner, indem er sich und dem Freunde von neuem Wein in das Glas goß; „du kennst meinen praktischen Sinn, meinen richtigen [317] Takt in dergleichen Dingen. Es stand mir die Wahl frei unter den Töchtern des Landes; reiche, bemittelte, schöne, hübsche, alles stand mir zu Gebot. Aber ich dachte: nicht alles ist Gold, was glänzt, und suchte mir eine tüchtige Hausfrau. So kam ich durch Zufall auch auf das Gut der Gräfin Landskron. Josephe war damals noch als Fräulein von Tannensee ihre Gesellschaftsdame. Das emsige, geschäftige Kind gefiel mir; Thee eingießen, Äpfel schälen, Bohnen brechen, die Blumen begießen, kurz, alles wußte sie so zierlich und nett zu machen, daß ich dachte, diese oder keine wird eine gute Hausfrau werden. Ich sprach mit der Gräfin darüber. Zwar schreckten mich anfangs die kurzgefaßten Nachrichten wieder ab, die uns die Landskron über Josephens Verhältnisse geben konnte. Sie sagte mir, daß sie Josephens Mutter gekannt habe und nach ihrem Tode das Mädchen zu sich genommen habe; Vermögen hatte sie nicht, aber die Gräfin gab eine anständige Ausstattung. Das Kopulationszeugnis ihrer Eltern, ihr Taufschein war richtig – nun, man ist ja in der Liebe gewöhnlich ein Narr, und so nahm ich sie zu mir.“

„Und bist gewiß unendlich glücklich mit diesem holden Wesen.“

„Nun, nun, das geht so; praktisch ist sie nun einmal gar nicht, und ich muß ihr die dummen Bücher ordentlich konfiszieren, nur daß ich sie an Haus und Garten gewöhne; denn wie will man am Ende hier auf dem Lande auskommen, wenn die Hausfrau sich vornehm in den Sofa setzt, Romane und Almanachs liest, empfindelt, wozu sie ohnedies großen Hang hat, und weder Küche noch Garten besorgt?“

„Aber mein Gott, dazu könntest du ja Mägde halten!“ bemerkte Fröben, den der Wein und das Gespräch noch wärmer und unmutiger gemacht hatten.

„Mägde?“ fragt Faldner lachend und sah ihn groß an. „Mägde! Da sieht man wieder den Theoretiker! Freund, davon verstehst du nichts! Würden mir nicht die Mägde hinterrücks den halben Garten, die schönen Gemüse, Obst und Salat verkaufen? Und vollends in der Küche. Woher nur Holz und Butter genug nehmen, wenn alles den Mägden anvertraut ist! Nein, die Frau muß da schalten und walten, und leider! bin ich da mit Josephen

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 316–317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_161.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)