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Glück zu wünschen. „Wahrhaftig, Franz!“ sagte er, indem er ihm feurig die Hand drückte, „ein solches Weib hat dir gefehlt. Du warst ein Glückskind von jeher, aber das hätte ich mir nicht träumen lassen, daß du bei deinen sonderbaren Maximen und Forderungen ein solch liebenswürdiges, herrliches Kind heimführen werdest.“

„Ja, ja, ich bin mit ihr zufrieden“, erwiderte der Baron trocken, indem er seine Kerze heller aufstörte. „Man kann ja nicht alles haben, an diesen Gedanken muß man sich freilich gewöhnen auf dieser unvollkommenen Welt.“

„Mensch! ich will nicht hoffen, daß du undankbar gegen so vieles Schöne bist. Ich habe viele Frauen gesehen, aber weiß Gott, keine von solch untadelhafter Schönheit wie dein Weib. Diese Augen! Welch rührender Ausdruck! Glaubt man nicht, liebliche Träume auf ihrer schönen Stirn zu lesen? Und diese zarte, schlanke Gestalt! Und ich weiß nicht, ob ich ihren feinen Takt, ihr richtiges Urteil, ihren gebildeten Geist nicht noch mehr bewundern soll.“

„Du bist ja ganz bezaubert“, lächelte Faldner; „doch von jeher hast du zu viel gelesen und weniger aufs Praktische gesehen; ich sagte es ja immer. – Mit den Weibern ist es ein eigenes Ding“, fuhr er seufzend fort. „Glaube mir, in der Wirtschaft ist oft eine, die es versteht und die Sache flink umtreibt, besser als ein sogenannter gebildeter Geist. Gute Nacht; sei froh, daß du noch frei bist und – wähle nicht zu rasch.“

Unmutig sah ihm Fröben nach, als er das Zimmer verlassen hatte. „Ich glaube, der Unmensch ist auch jetzt nicht mit seinem Lose zufrieden; hat einen Engel gewählt und schafft sich durch seine lächerlichen Prätensionen eine Hölle im Hause. Das arme Weib!“

Es war ihm nicht entgangen, wie ängstlich sie bei allem, was sie that und sagte, an seinen Blicken hing, wie er ihr oft ein grimmiges Auge zeigte, wenn sie nach seinen Begriffen einen Fehler begangen, wie er ihr oft mit der Hand winkte, die Lippen zusammenbiß und stöhnte, wenn er glaubte, von dem Gast nicht gesehen zu werden. Und mit welcher Engelsgeduld trug sie dies alles! [299] Sie hatte tiefen, wunderbaren Eindruck auf ihn gemacht. Das reiche blonde Haar, das um eine freie Stirne fiel, ließ blaue Augen, rote Wangen, vielleicht auch ein Näschen erwarten, das durch seine zierliche Keckheit Blondinen mehr als Brünetten ziert. Aber von diesem allem nichts. Unter den blonden Wimpern ruhete wie das Mondlicht hinter dünnen Wolken ein braunes Auge, das nicht durch Glut oder große Lebendigkeit, sondern durch ein gewisses Etwas von sinnender Schwermut überraschte, das Fröben bei schönen Frauen, so selten er es fand, so unendlich liebte. Ihre Nase näherte sich dem griechischen Stamm, die Wangen waren gewöhnlich bleich, nur von einem leisen Schatten von Rot unterlaufen, und das einzige, was in ihrem Gesichte blühte, waren statt der Rosen der Wangen die Lippen, bei deren Anblick man sich des Gedankens an zarte, rote Kirschen nicht erwehren konnte.

„Und diese herrliche Gestalt“, fuhr Fröben in seinen Gedanken weiter fort, „so zart, so hoch und, wenn sie über das Zimmer geht, beinahe schwebend! Schwebend? Als ob ich nicht gesehen hätte, daß sie recht schwer zu tragen hat, daß diese Lippen so manches Wort des Grams verschließen, daß diese Augen nur auf die Einsamkeit warten, um über den rohen Gatten zu weinen! Nein! Es ist unmöglich“, fuhr er nach einigem Sinnen fort, „sie kann ihn nicht aus Liebe geheiratet haben. Die Welt, die hinter diesem Auge liegt, ist zu groß für Faldners Verstand, das Herz seines Weibes zu zart für den rohen Druck ihres Haustyrannen. Ich bedaure sie!“

Er war während dieser Worte an einen Schrank getreten, worin die Diener sein Reisegeräte niedergelegt hatten. Er schloß ihn auf, sein erster Blick fiel auf die wohlbekannte Rolle, und er errötete. „Bin ich dir nicht ungetreu gewesen, diesen Abend?“ fragte er. „Hat nicht ein anderes Bild sich in mein Herz geschlichen? Ja, und ertappe ich mich nicht auf Reflexionen über das Weib meines Freundes, die mir nicht ziemen, die ihr auf jeden Fall nicht nützen können?“ Er entrollte das Bild der Geliebten und blieb betroffen stehen. Wie ein Gedanke, der bisher in ihm schlummerte und verworren träumte, erwachte es jetzt mit einemmal in ihm, daß Frau von Faldner wunderbare Ähnlichkeit mit

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 298–299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_152.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)