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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

jeder Narr um einige Scudi kaufen – aber Ihr sollet ihn umsonst haben. Wollet Ihr in Eurer barbarischen Heimat große Ehrenstellen? Dürfet nur befehlen; wir haben dort großen Einfluß, geheim und öffentlich. Na! was sagt Ihr dazu?“

„Der Vorschlag ist nicht übel“, erwiderte ich; „Ihr seid nobel in Euren Versprechungen, ich glaube, Ihr könntet den Teufel selbst katholisch machen?“

Anathema sit! anathema sit! Es wäre uns übrigens nicht schwer“, antwortete der Kardinal. „Wir können ihn von seinen zweitausendjährigen Sünden absolvieren und dann taufen. Überdies ist er ein dummer Kerl, der Teufel, und hat sich von der Kirche noch immer überlisten lassen!“

„Wisset Ihr das so gewiß?“

„Das will ich meinen; zum Beispiel, kennet Ihr die Geschichte, die er mit einem Franziskaner gehabt?“

„Nein, ich bitte Euch, erzählet!“

„Ein Franziskaner zankte sich einmal mit ihm wegen einer armen Seele. Der Teufel wollte sie durchaus haben und hatte allerdings nach dem Maß ihrer Sünden das Recht dazu. Der Mönch aber wollte sie in majorem Dei gloriam für den Himmel zustutzen. Da schlug endlich der Satan vor, sie wollen würfeln; wer die meisten Augen mit drei Würfeln werfe, solle die Seele haben. Der Teufel warf zuerst, und, wie er ein falscher Spieler ist, warf er achtzehn, er lachte den Franziskaner aus. Doch dieser ließ sich nicht irre machen; er nahm die Würfel und warf – neunzehn; und die Seele war sein.“

„Herr! das ist erlogen“, rief ich, „wie kann er mit drei Würfeln neunzehn werfen?“

„Ei, wer fragt nach der Möglichkeit? Genug, er hat’s gethan, es war ein Wunder. Nun, kommet morgen in mein Haus, lieber Sohn, wir wollen dann den Unterricht beginnen.“

Er gab mir den Segen und wankte weiter. „Nein, Freund Rocco!“ dachte ich, „eher bekomme ich dich, als du mich; von dir läßt sich der Satan nicht überlisten.“ Es trieb mich jetzt, nach dem Hause des Berliners zu gehen, den ich schwer verwundet verlassen hatte. Zu meiner großen Verwunderung sagte man mir, [411] er sei ausgegangen und werde wohl vor Nacht nicht zurückkehren. So mußte ich den Gedanken aufgeben, heute noch zu erfahren, wie es ihm ergangen sei, wie das Fräulein sich befinde, ob er wohl Hoffnung habe, jetzt, da der Kapitän auf immer für sie verloren sei, sie für sich zu gewinnen; es blieb mir keine Zeit, ihn heute noch zu sehen, denn den Abend über wußte ich ihn nicht zu finden, und auf die kommende Nacht hatte ich eine Zusammenkunft mit jenen kleineren Geistern verabredet, die als meine Diener die Welt durchstreifen.

Ich trat zu diesem Zweck, als die Nacht einbrach, ins Koliseum, denn dies war der Ort, wohin ich sie beschieden hatte. Noch war die Stunde nicht da, aber ich liebe es, in der Stille der Nacht auf den Trümmern einer großen Vorzeit meinen Gedanken über das Geschlecht der Sterblichen nachzuhängen. Wie erhaben sind diese majestätischen Trümmer in einer schönen Mondnacht! Ich stieg hinab in den mittleren Raum. Aus dem blauen, unbewölkten Himmel blickte der Mond durch die gebrochenen Wölbungen der Bogen herein, und die hohen, überwachsenen Mauern der Ruine warfen lange Schatten über die Arena. Dunkle Gestalten schienen durch die verfallenen Gänge zu schweben, wenn ein leiser Wind die Gesträuche bewegte und ihre Schatten hin und wieder zogen. Wo sie schwebten, diese Schatten, da sah man einst ein fröhliches Volk, schöne Frauen, tapfere Männer und die ernste, feierliche Pracht der kriegerischen Kaiser. Geschlecht um Geschlecht ist hinunter, diese Mauern allein überdauerten ihre Zeit, um durch ihre erhabenen Formen diese Sterblichen zu erinnern, wie unendlich größer der Sinn jenes Volkes war, das einst ein Jahrtausend vor ihnen um diese Stätte lebte. Die ernste Würde der Konsuln und des Senates, der kriegerische Prunk der Cäsaren und – dieser römische Hof und diese Römer!

Der Mond war, während ich zu mir sprach, heraufgekommen und stand jetzt gerade über dem Zirkus. Ich sah mich um, da gewahrte ich, daß ich nicht allein in den Ruinen sei. Eine dunkle Gestalt saß seitwärts auf dem gebrochenen Schaft einer Säule; ich trat näher hin, – es war Otto von S… Ich war freudig erstaunt, ihn zu sehen; ich warf mich schnell in den Herrn von

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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 410–411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_2_207.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)