Seite:De Wilhelm Hauff Bd 1 220.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hoch wie ein Elefant, und trägt ein Schwert so groß, als er selbst ist. Diesen kriegerischen Geist hätte ich ihm nimmer zugetraut.“

„Meinst du, er reite aus eigenem Entschluß zu Felde? Nein, ich habe ihn mit Gewalt dazu genötigt. Er hat mir zu manchem geraten, was mir nicht frommte, und ich fürchte, er hat mich mit böslicher Absicht aufs Eis geführt; drum mag er auch die Suppe mit verzehren, die er eingebrockt hat. Er hat geweint, wie ich ihn dazu zwang; er sprach viel vom Zipperlein und von seiner Natur, die nicht kriegerisch sei; aber ich ließ ihn in seinen Harnisch schnüren und zu Pferd heben, er reitet den feurigsten Renner aus meinem Stall!“

Während dies der Herzog sprach, schlug der Ritter vom Höcker das Visier auf und zeigte ein bleiches, kummervolles Gesicht. Das ewig stehende Lächeln war verschwunden, seine stechenden Äuglein waren groß und starr geworden und drehten sich langsam und schüchtern nach der Seite; der Angstschweiß stand ihm auf der Stirne und seine Stimme war zum zitternden Flüstern geworden: „Um Gottes Barmherzigkeit willen, wertgeschätzter Herr von Sturmfeder, viellieber Freund und Gönner, leget ein gutes Wort ein beim gestrengen Herrn, daß er mich aus diesem Fastnachtsspiel entläßt. Es ist des allerhöchsten Scherzes jetzt genug. Der Ritt in den schweren Waffen hat mich grausam angegriffen, der Helm drückt mich aufs Hirn, daß meine Gedanken im Kreise tanzen, und meine Kniee sind vom Zipperlein gekrümmt; bitte, bitte! leget ein gutes Wort ein für Euren demütigen Knecht Ambrosius Volland; will’s gewißlich vergelten.“

Der junge Mann wandte sich mit Abscheu von dem grauen, feigen Sünder. „Herr Herzog“, sagte er, indem ein edler Zorn seine Wangen rötete, „vergönnt ihm, daß er sich entferne. Die Ritter haben ihre Schwerter gelüftet und die Helme fester in die Stirne gedrückt, das Volk schüttelt die Speere und erwartet mutig das Zeichen zum Angriff, warum soll ein Feigling in den Reihen von Männern streiten?“

„Er bleibt, sag’ ich“, entgegnete der Herzog mit fester Stimme; „bei dem ersten Schritt rückwärts hau’ ich ihn selbst vom Gaul herunter. Der Teufel saß auf deinen blauen Lippen, Ambrosius [395] Volland, als du Uns geraten, Unser Volk zu verachten und das Alte umzustoßen. Heute, wenn die Kugeln sausen und die Schwerter rasseln, magst du schauen, ob dein Rat Uns frommte.“

Des Kanzlers Augen glühten vor Wut, seine Lippen zitterten und seine Mienen verzerrten sich greulich. „Ich habe Euch nur geraten, warum habt Ihr es gethan?“ sagte er. „Ihr seid Herzog, Ihr habt befohlen und Euch huldigen lassen; was kann denn ich dafür?“

Der Herzog riß sein Pferd so schnell um, daß der Kanzler bis auf die Mähnen seines Elefanten niedertauchte, als erwarte er den Todesstreich. „Bei Unserer fürstlichen Ehre“, rief er mit schrecklicher Stimme, indem seine Augen blitzten, „Wir bewundern Unsere eigene Langmut. Du hast Unsern ersten Zorn benützt, du hast dich in Unser Vertrauen einzuschwatzen gewußt; hätten Wir dir nicht gefolgt, du Schlange, so stünden heute zwanzigtausend Württemberger hier und ihre Herzen wären eine feste Mauer für ihren Fürsten. O, mein Württemberg! mein Württemberg! Daß ich deinem Rat gefolgt wäre, alter Freund; ja, es heißt was, von seinem Volk geliebt zu sein!“

„Entfernet diese Gedanken vor einer Schlacht“, sagte der alte Herr von Lichtenstein, „noch ist es Zeit, das Versäumte einzuholen. Noch stehen sechstausend Württemberger um Euch, und bei Gott, sie werden mit Euch siegen, wenn Ihr mit Vertrauen sie in den Feind führet. O Herr! hier sind lauter Freunde, vergebet Euren Feinden, entlaßt den Kanzler, der nicht fechten kann!“

„Nein! her zu mir, Schildkröte! An meine Seite her, Hund von einem Schreiber! Wie er zu Rosse sitzt, als hätte ihn unser Herrgott hinaufgeschneit, den Schneemann! Du hast mein Volk verachtet in deiner Kanzlei und ihnen Gesetze gegeben mit deiner Schwanenfeder, jetzt sollst du sehen, wie sie streiten; jetzt sollst du sehen, wie Württemberg siegt oder – untergeht. Ha! seht ihr sie dort auf dem Hügel? Seht ihr die Fahnen mit dem roten Kreuz? Seht ihr das Banner von Bayern? Wie ihre Waffen blitzen im Morgenrot, wie ihre Glieder von tausend Lanzen starren, wie der Wind in ihren Helmbüschen spielt. – Guten Tag,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 394–395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_220.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)