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hatte nicht auf diese kriegerischen Grüße gehört, seine ganze Seele schien nur in seinem Auge zu liegen, das trunken an seinem Herrn hing. Der Herzog hielt den Rappen an, blickte um sich, und es war tiefe Stille unter den vielen Menschen. Da trat der Bauer vor, kniete nieder, hielt ihm den Bügel zum Absteigen und sprach: „Hie gut Württemberg alleweg!“

„Ha! bist du es, Hans, mein Geselle im Unglück, der mir den ersten Gruß von Württemberg bringt? Meine Edeln habe ich hier erwartet, daß sie mich begrüßen bei meinem ersten Schritt auf württembergischem Grund, meinen Kanzler und meine Räte, wo sind die Hunde? Die Stände meiner Landschaft, wo blieben sie, will man mich nicht wiedersehen in der Heimat? Ist keiner von allen da, mir den Bügel zu halten, als der Bauer?“

Seine Begleiter drängten sich staunend um den Herzog her, als sie ihn also sprechen hörten. Sie wußten nicht, war es Ernst oder bitterer Scherz über sein Unglück; sein Mund schien zu lächeln, aber sein Auge blitzte mutig, und seine Stimme klang ernst und befehlend. Sie sahen einander wegen dieser düstern Laune zweifelhaft an, aber der Pfeifer von Hardt erwiderte seinem Fürsten:

„Diesmal ist’s nur der Bauer, der Euch auf Württembergs Boden hilft, aber verachtet nicht ein treues Herz und eine feste Hand. Die andern werden schon auch kommen, wenn sie hören, daß der Herr Herzog wieder im Lande sei.“

„Meinst du?“ sprach Ulerich bitter lachend, indem er sich vom Pferde schwang. „Sie werden auch kommen. Bis jetzt haben wir wenig Kunde davon; aber ich will anklopfen an ihren Thüren, daß sie merken sollen, es ist der alte Herr, der in sein Haus will!“

„Sind dies die Landsknecht’, die mir dienen wollen?“ fuhr er fort, indem er aufmerksam das kleine Heer betrachtete; „sie sind nicht übel bewaffnet und sehen männlich aus. Wieviel sind es?“

„Zwölf Fähnlein, Euer Durchlaucht“, antwortete der Oberst Peter, der noch immer mit gezogenem Hut vor ihm stand und hie und da verlegen den ungarischen Bart zwirbelte. „Lauter geübte Leut’; Gott straf’ mein’ Zeel’, thut mir leid, wenn ich geflucht hab’, der König in Frankreich hat sie nicht besser.“

[321] „Wer bist denn du?“ fragte ihn der Herzog, der die große dicke Figur mit dem langen Hieber und dem roten Gesicht verwundert anschaute.

„Ich bin eigentlich ein Landsknecht meines Zeichenz, man nennt mich den langen Peter, jetzt aber wohlbestallter Oberst verzammelter –“

„Was, Oberst! diese Narrheit muß aufhören. Ihr mögt mir wohl ein tapferer Mann sein, aber zum Hauptmann seid Ihr nicht gemacht. Ich selbst will Euer Oberst sein, und zu Hauptleuten werde ich einige meiner Ritter machen.“

Bassa manelk – thut mir leid, wenn ich geflucht hab’, aber erlaubt, Herr Herzog, einem alten Kerl ein Wort, daz ist gegen unzern Pakt mit dem Goldgülden monatlich und den vier Maaz Wein tagtäglich. Da steht zum Beispiel der Staberl aus Wien, ’z gibt keinen Tapferern unter dem Mond –“

„Schon gut, Alter, schon gut! Auf die Goldgülden und den Wein soll mir’s nicht ankommen. Wer bisher Hauptmann war, soll es richtig bekommen; nur den Befehl müßt Ihr abgeben. Habt Ihr Pulver und Kugeln?“

„Das will ich meenen!“ sagte der Magdeburger, „wir haben noch von Euer Durchlaucht eigenem Pulver und Blei, was wir in Tübingen mitgenommen. Wir haben Munition auf achtzig Schuß für den Mann.“

„Gut; Georg von Hewen und Philipp von Rechberg, ihr teilt euch in die Knechte, jeder nimmt sechs Fähnlein. Ihr da, die ihr euch Hauptleute nennet, könnet bei den einzelnen Fähnlein bleiben und den beiden Herren an die Hand gehen. Ludwig von Gemmingen, seid so gut und nehmet den Oberbefehl über das Fußvolk. Jetzt geradenwegs auf Leonberg. Freu’ dich, mein treuer Bannerträger“, sagte Ulerich, als er sich aufs Pferd schwang, „so Gott will, ziehen wir morgen in Stuttgart ein.“

Die Reiterschar, den Herzog an der Spitze, zog fürder. Der lange Peter stand noch immer unverrückt auf dem Platz, den Hut mit der stolzen Hahnenfeder in der Hand, und schaute den Reitern nach.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 320–321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_183.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)