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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

Kaum gedacht,
War der Lust ein End’ gemacht.
Gestern noch auf stolzen Rossen,
Heute durch die Brust geschossen,

10
Morgen in das kühle Grab!


Ach, wie bald
Schwindet Schönheit und Gestalt!
Thust du stolz mit deinen Wangen,
Die mit Milch und Purpur prangen?

15
Ach! die Rosen welken all!


Darum still,
Füg’ ich mich wie Gott es will.
Nun, so will ich wacker streiten,
Und sollt’ ich den Tod erleiden,

20
Stirbt ein braver Reutersmann.


Der Kranke.

Blaubeuren 1820.

Zitternd auf der Berge Säume
Fällt der Sonne letzter Strahl,
Eingewiegt in düstre Träume
Blickt der Kranke in das Thal.

5
Sieht der Wolken schnelles Jagen

Durch das trübe Dämmerlicht –
Ach, des Busens stille Klagen
Tragen ihn zur Heimat nicht!
Und mit glänzendem Gefieder

10
Zog die Schwalbe durch die Luft,

Nach der Heimat zog sie wieder,
Wo ein milder Himmel ruft;
Und er hört ihr fröhlich Singen,
Sehnsucht füllt des Armen Blick,

15
Ach! er sah sie auf sich schwingen,

Und sein Kummer bleibt zurück.
Schöner Fluß mit blauem Spiegel,
Hörst du seine Klagen nicht?
[21] Sag es seiner Heimat Hügel,

20
Daß des Kranken Busen bricht.

Aber kalt rauscht er vom Strande
Und entrollt ins stille Thal,
Schweiget in der Heimat Lande
Von des Kranken stiller Qual.

25
Und der Arme stützt die Hände

An das müde, trübe Haupt;
Eins ist noch, wohin sich wende
Der, dem aller Trost geraubt;
Schlägt das blaue Auge wieder

30
Mutig auf zum Horizont,

Immer stieg ja Trost hernieder
Dorther, wo die Liebe wohnt.
Und es netzt die blassen Wangen
Heil’ger Sehnsucht stiller Quell,

35
Und es schweigt das Erdverlangen,

Und das Auge wird ihm hell:
Nach der ew’gen Heimat Lande
Strebt sein Sehnen kühn hinauf;
Sehnsucht sprengt der Erde Bande,

40
Psyche schwingt zum Licht sich auf.


Serenade.

Wenn vom Berg mit leisem Tritte
Luna wandelt durch die Nacht,
Eil’ ich zu des Liebchens Hütte,
Lausche, ob die Holde wacht.

5
Seh’ ich dort die Lampe glühen

In dem stillen Kämmerlein,
Möcht’ ich wie der Lampe milder Schein
Spielend um die zarten Wangen ziehen.

     Mit des Lichtes schönsten Strahlen

10
Zög’ ich um mein liebes Kind,

Farben wollt’ ich um sie malen,
Wie sie nur am Himmel sind;

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 20–21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_033.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)