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kann, wenn auch in etwas anderem Sinne, als freie Girlande angesprochen werden.

     Sehr auffällig ist die gleichartige Staffelung der Girlanden. Die Aleuten bilden eine Kette, welche weiter östlich in Alaska nicht mehr Randkette ist, sondern aus dem Innern kommt. Sie endigen bei Kamtschatka, von wo ab nun die bisher innere Kamtschatka-Kette mit den Kurilen als äußerste Kette die Girlande bildet. Diese endigt wiederum bei Japan, um der bisher inneren Kette Sachalin—Japan den Platz zu räumen. Auch südlich von Japan läßt sich diese Anordnung noch weiter verfolgen, bis bei den Sunda-Inseln die Verhältnisse verworrener werden. Und auch die Antillen zeigen genau dieselbe Staffelung. Es liegt auf der Hand, daß diese Staffelung der Girlanden eine unmittelbare Folge der Staffelung der einstigen Randgebirge der Kontinente ist und also auf das früher besprochene allgemeine Gesetz der Staffelfalten zurückgeht. Die auffällig gleiche Länge der Girlanden [Aleuten 2900, Kamtschatka—Kurilen 2600, Sachalin—Japan 3000, Korea—Riu-Kiu 2500, Formosa—Borneo 2500, Neuguinea—Neuseeland ehemals 2700 km][1] könnte vielleicht auf diese Weise bereits tektonisch in der Anlage der Randgebirge vorgezeichnet sein.

     Fujiwhara [195] hat sich eingehender mit dieser gestaffelten Lage, speziell der japanischen Vulkanketten, beschäftigt und sucht sie durch eine Rotation des nordpazifischen Meeresbodens gegen den Uhrzeiger zu erklären (relativ zu der fest gedachten asiatischen Scholle). Da alle Bewegung relativ ist, könnte man auch umgekehrt an eine Rotation der umgebenden Landmassen um den fest gedachten Boden des Pazifik im Sinne des Uhrzeigers denken. Dies ist deswegen von Interesse, weil der Nordpol bis vor geologisch kurzer Zeit im Pazifischen Ozean lag, so daß eine solche Rotation der Landmassen in der Vorzeit einer Westwanderung derselben entspräche. Ich halte es in der Tat für sehr wahrscheinlich, daß die gestaffelten Randketten von Ostasien durch eine solche ehemalige Westwanderung der Kontinentalschollen zu der Zeit, als der Pol noch im Pazifischen Ozean lag, angelegt wurden.

     Die auffallende Übereinstimmung der Girlanden in ihrem geologischen Bau war bereits früher erwähnt worden: ihre konkave


  1. Die westindischen Girlanden zeigen dagegen eine Abstufung: Kleine Antillen—Südhaiti—Jamaika—Mosquitobank 2600, Haiti—Südcuba—Misteriosabank 1900, Cuba 1100 km.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_199.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)