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wird darin die heutige und ehemalige Verbreitung der Blütenpflanzen bis zurück zur Kreidezeit in bisher unerreichter Vollständigkeit untersucht und durch zahlreiche Karten veranschaulicht. Einzelheiten aus diesem ungemein reichhaltigen Material hier vorzubringen, ist unmöglich[1]. Die Arbeit schließt mit den Worten:

     „Die Ergebnisse berechtigen uns zu der Auffassung, daß drei Faktorenkomplexe in engem Zusammenwirken dies heutige Verbreitungsbild der Blütenpflanzen geschaffen haben:“

     „1. Polverlagerungen als Ursache der Pflanzenwanderung und Florendurchmischung.“

     „2. Großschollenverschiebung und damit im Gefolge Veränderung des Großformenbildes.“

     „3. Aktive Ausbreitung und Weiterentwicklung des Pflanzenbestandes.“

     Es ist kein Zufall, daß hier die Polwanderungen an erster und die Kontinentverschiebungen erst an zweiter Stelle genannt werden; denn es wird ja nur die Zeit von der Kreide ab behandelt, und je mehr wir uns der Gegenwart nähern, um so ähnlicher wird auch das Erdbild dem heutigen, und um so weniger werden die Kontinentverschiebungen in der Pflanzenverbreitung nachweisbar. Daher ist es sehr natürlich, daß die große tertiäre und quartäre Polwanderung in erster Linie der Pflanzenverteilung ihren Stempel aufgedrückt hat. Um so wichtiger aber ist es, daß trotzdem auch die Verschiebungstheorie bestätigt wird: „Wir sind zu dem Ergebnis gelangt, daß die Permanenztheorie aus mehrfachen Gründen zur Erklärung der Verbreitungstatsachen der Blütenpflanzen und ihrer Forderungen unzulänglich ist. Dagegen zeigte sich bei Gegenüberstellung unserer Befunde und der Wegenerschen Verschiebungstheorie, daß die einzelnen Züge der Arealstruktur und die Forderungen der Pflanzenverbreitung mit den von Wegener postulierten Schicksalen der


  1. v. Ihering [122] polemisiert gegen Irmscher, weil dieser eine Reihe von fossilen Pflanzenfunden aus Südamerika und Antarktika teilweise etwas anders datiert als die Bearbeiter. Abgesehen davon, daß Irmschers Ansicht nicht, wie v. Ihering meint, einfach einer vorgefaßten Theorie zuliebe ausgesprochen, sondern fachmännisch begründet ist, handelt es sich in fast allen diesen Fällen um so geringe Änderungen in der Zeitsetzung, daß man eher von einer Präzisierung als von einer Berichtigung sprechen sollte. Übrigens haben Köppen und Wegener [151] inzwischen gezeigt, daß man in der Mehrzahl dieser Fälle auch bei Beibehaltung der ursprünglichen Datierung zu einer völligen Übereinstimmung mit der Verschiebungstheorie und den mit ihrer Hilfe abgeleiteten Polwanderungen kommt.
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Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_117.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)