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denn letztere kommt hier gar nicht in Betracht, sondern nur um die Wahl zwischen Verschiebungstheorie und der Theorie der Permanenz der Tiefseebecken.

     Aus den angeführten Gründen sind wir berechtigt, alle diejenigen Tatsachen der Biologie zugunsten der Verschiebungstheorie zu buchen, welche auf ehemalige ungehinderte Landverbindungen über heutige Tiefseebecken hinweg deuten. Ihre Zahl ist Legion. Es wäre für den Nichtfachmann ein hoffnungsloses Unternehmen, und im Rahmen dieses Buches schon aus Platzgründen unmöglich, hier alle in Betracht kommenden Tatsachen anzuführen. Aber es ist dies auch unnötig aus dem Grunde, weil darüber eine reiche fachmännische Literatur besteht, über die z. B. Arldt [11] einen Überblick gegeben hat, und die Ergebnisse in großen Zügen bereits feststehen und so gut wie allgemein anerkannt sind.

     Für die ehemalige Landverbindung Südamerikas und Afrikas liegen die Dinge besonders klar. Wie unter anderem Stromer betont, nötigt die Verbreitung der Glossopterisflora, der Reptilfamilie der Mesosauridae und vieles andere zu der Annahme eines großen, die Südkontinente vereinigenden ehemaligen Festlandes [115]. So kommt auch Jaworski [109] bei einer Prüfung aller Einwände, die natürlich auch hier nicht fehlen, zu dem Resultat: „Alles, was an geologischen Tatsachen in Westafrika und Südamerika bekannt ist, steht in voller Übereinstimmung mit der Annahme, zu der wir auf Grund tier- und pflanzengeographischer Tatsachen der Gegenwart und der Vorzeit gekommen sind, daß nämlich in früheren Erdperioden zwischen Afrika und Südamerika eine Landverbindung an Stelle des heutigen südatlantischen Ozeans bestanden hat.“ Aus pflanzengeographischen Gründen hat Engler [126] den Schluß gezogen: „Unter Berücksichtigung aller dieser Verhältnisse würden die angeführten Vorkommnisse von Amerika und Afrika gemeinsamen Pflanzentypen am besten ihre Erklärung finden, wenn erwiesen werden könnte, daß zwischen dem nördlichen Brasilien, südöstlich vom Mündungsgebiet des Amazonenstromes, und der Bai von Biafra im Westen Afrikas größere Inseln oder eine kontinentale Verbindungsmasse und ferner zwischen Natal und Madagaskar eine Verbindung bestanden hätte, deren Fortsetzung in nordöstlicher Richtung nach dem vom sino-australischen Kontinent getrennten Vorderindien schon längst behauptet wurde. Die vielen verwandtschaftlichen Beziehungen der Kapflora zur australischen machen außerdem eine Verbindung mit Australien durch Vermittlung des antarktischen

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_101.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)