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auf der ganzen Kette des „Südantillenbogens“ die jungtertiären Andenfaltungen, während die älteren Faltungen auf Südgeorgien, Südorkney usw. bekannt sind. Gerade diese Eigentümlichkeit wird durch die Verschiebungstheorie erklärt, denn wenn wirklich die Faltung in Südamerika und Grahamland durch die Westwanderung der Schollen erzeugt wurde, so mußte sie auf dem Südantillenbogen in dem Zeitpunkt aufhören, als dieser stecken blieb.

     In diesem Zusammenhang könnten auch noch die permokarbonen Glazialerscheinungen zur Begründung der Verschiebungstheorie genannt, werden, welche überall auf den Südkontinenten gefunden werden, denn sie bilden — ähnlich wie das Old Red auf der nördlichen Halbkugel — die Bruchstücke eines einheitlichen Landgebietes, welche sich bei ihren großen heutigen Entfernungen viel leichter durch die Verschiebungstheorie als durch versunkene Zwischenländer erklären lassen. Indessen soll diese Erscheinung erst im übernächsten Kapitel ausführlicher besprochen werden, weil sie in erster Linie von klimatischem Interesse ist.

     Überblickt man die Ergebnisse dieses Kapitels, so wird man sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß die Verschiebungstheorie auch in ihren Einzelaussagen in geologischer Hinsicht heute bereits als gut fundiert betrachtet werden kann. Freilich gibt es gerade unter den Geologen heute noch manche Gegner der Theorie, und von verschiedenen Seiten sind Einwände vorgebracht worden, so von Soergel [35], Diener [108], Jaworski [109], W. Penck [111], A. Penck [110], Ampferer [68], Washington [113], Mölke [114] und manchen anderen. Aber allgemein kann man sagen, soweit diese Einwände - was namentlich für die von Diener zutrifft - nicht einfach auf Mißverständnissen beruhen, so beziehen sie sich meist nur auf nebensächliche Fragen, deren Beantwortung für die Grundgedanken der Verschiebungstheorie nicht von wesentlicher Bedeutung ist. Es sei gestattet, auch hierfür das Zeugnis von Argand [20] anzurufen, der uns versichert:

     „Seit 1915 und besonders seit 1918 habe ich lange den Grad der Glaubwürdigkeit der Verschiebungstheorie geprüft, indem ich den ganzen Atlas tektonischer Formen heranzog, über den ich verfügte, und alle Widerspiele von Bewegungen, die ich sehen kann. So daß, wenn mir heute die Zeit fehlt, um einige meiner Schlußfolgerungen zu begründen, man sie doch nicht ohne Übertreibung für übereilt oder unbegründet wird ansehen können.“

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_098.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)