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nach Nordost, Australiens nach Ost und Ostantarktikas nach Südost[1].

     Auch Vorderindien ist eine flache Tafel aus gefaltetem Gneis. Die Faltung wirkt noch heute formengebend in dem uralten Arvalligebirge im äußersten Nordwesten (am Rande der Wüste Tharr) und in den gleichfalls sehr alten Koranabergen. Nach Suess weist sie im ersteren nach N 36° O, in letzteren nach Nordost. Beide Richtungen stimmen also hinreichend mit der afrikanischen und madagassischen Streichrichtung überein, zumal nach der geringen, bei der Rekonstruktion nötigen Drehung Indiens. Übrigens tritt auch hier daneben eine etwas jüngere, aber immer noch alte Faltung in den Ghats von Nellore oder dem Vellakondagebirge auf, welche von Nord nach Süd streicht und wohl mit der gleichfalls jüngeren nordsüdlichen Streichrichtung in Afrika gleichzusetzen ist. Die Diamantvorkommen in Indien schließen sich an die von Südafrika an. In unseren Rekonstruktionen ist angenommen, daß die indische Westküste mit der Ostküste Madagaskars zusammengehangen hat. Beide Küsten bestehen aus einem auffällig geradlinigen Abbruch eines Gneisplateaus, der den Gedanken nahelegt, sie könnten nach der Spaltenbildung aneinander entlang geglitten sein, ähnlich wie Grinnell-Land und Grönland. Am nördlichen Ende dieses an beiden Küsten etwa 10 Breitengrade langen Abbruches treten beiderseits Basalte auf. In Indien ist es die bei 16° Nordbreite beginnende Basaltdecke des Dekans, die aus dem Beginn des Tertiärs stammt und deshalb vielleicht in ursächlichen Zusammenhang mit der Ablösung gebracht werden darf. Und auf Madagaskar ist der nördlichste Teil der Insel ganz aus zwei verschieden alten Basalten aufgebaut, deren Entstehungszeit anscheinend noch nicht ermittelt ist.

     Die riesigen, wesentlich im Tertiär gebildeten Falten des Himalajagebirges bedeuten den Zusammenschub eines erheblichen Stückes der Erdrinde, durch dessen Rekonstruktion die Umrisse des asiatischen Kontinents ganz andere werden. Wahrscheinlich nahm das ganze östliche Asien über Tibet und die Mongolei hinweg bis zum Baikalsee und vielleicht sogar bis zur Beringstraße an dem Zusammenschub teil. Die neueren Untersuchungen haben gezeigt, daß die jungen Faltungsvorgänge keineswegs nur auf den Himalaja selbst beschränkt sind, sondern z. B. noch im Gebirge Peters des


  1. Zur Zeit des Beginns dieser Bewegungen waren die Himmelsrichtungen wegen der geänderten Pollage teilweise wesentlich andere.
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Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_084.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)