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kaledonische und algonkische Faltung und die diluviale Endmoräne bilden, wenn auch die Auffassung in gewissen Einzelfragen noch unsicher sein mag, in ihrer Gesamtheit einen schwer zu erschütternden Beweis für die Richtigkeit unserer Auffassung, daß der Atlantik als eine erweiterte Spalte zu betrachten ist. Von entscheidender Bedeutung dabei ist der Umstand, daß, obwohl die Zusammenfügung der Schollen auf Grund anderer Erscheinungen, nämlich ihrer Konturen, vorgenommen werden muß, dennoch durch diese Zusammenfügung die jenseitige Fortsetzung einer jeden Struktur gerade mit dem diesseitigen Ende zur Berührung gebracht wird. Es ist so, als wenn wir die Stücke einer zerrissenen Zeitung nach ihren Konturen zusammensetzen und dann die Probe machen, ob die Druckzeilen glatt hinüberlaufen. Tun sie dieses, so bleibt offenbar nichts weiter übrig, als anzunehmen, daß die Stücke einst wirklich in dieser Weise zusammenhingen. Wenn nur eine einzige Zeile eine solche Kontrolle ermöglichte, so hätten wir schon eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Zusammensetzung. Haben wir aber n Zeilen, so potenziert sich diese Wahrscheinlichkeit noch mit n. Es ist gewiß nicht unnütz, sich klar zu machen, was dies bedeutet. Nehmen wir an, daß wir allein auf Grund unserer ersten „Zeile“, der Faltung des Kapgebirges und der Sierren von Buenos Aires, zehn gegen eins wetten können, daß die Verschiebungstheorie richtig ist. Dann können wir, da im ganzen mindestens sechs solche unabhängigen Kontrollen vorliegen, in Kenntnis dieser letzteren bereits 106, d. i. eine Million gegen eins wetten, daß unsere Annahmen zutreffen. Diese Zahlen mag man gern für übertrieben halten. Sie sollen nur dazu dienen, zu zeigen, was es zu bedeuten hat, wenn sich die unabhängigen Kontrollen mehren.

     Nördlich des bisher betrachteten Gebietes gabelt sich die atlantische Spalte beiderseits von Grönland und wird zunehmend schmaler. Die beiderseitigen Übereinstimmungen verlieren dadurch an Beweiskraft, weil ihre Entstehung auch bei der jetzigen Lage der Schollen immer leichter erklärbar wird. Dennoch ist es nicht ohne Interesse, die Vergleichung bis zu Ende durchzuführen. Wir finden die Bruchstücke einer ausgedehnten Basaltdecke am Nordrande von Irland und Schottland, auf den Hebriden und auf den Färöern; sodann wechselt sie über Island hinüber zur grönländischen Seite, wo sie namentlich die große, den Scoresbysund im Süden begrenzende Halbinsel zusammensetzt und sich weiter bis 75° Nord die Küste entlangzieht. Auch an der westgrönländischen Küste finden sich

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Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_079.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)