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und Basalt. Es entsteht deshalb die Frage, ob man unter diesen Umständen als Untergrenze der Kontinentalschollen nicht lieber die Granitgrenze bei etwa 30 bis 40 km Tiefe betrachten soll, statt wie bisher die große Schichtgrenze bei 60 km Tiefe. Andererseits ist noch ungeklärt, wie sich die letztere Schichtgrenze unter den Ozeanen verhält. Gutenberg nimmt an, daß diese bei 60 km Tiefe liegende große Schichtgrenze unter dem Pazifik die Oberfläche bildet, so daß hier gleich das ultrabasische Material (Dunit) zutage läge. Mohorovičić glaubt dagegen, daß der Ozeanboden von Basalt gebildet wird.

     Man wird die weitere Entwicklung dieser Untersuchungen abwarten müssen, ehe es möglich ist, ein abgeschlossenes Bild zu gewinnen. Es ist aber sehr wohl möglich, daß durch diese Schichtenvermehrung auch hinsichtlich der Natur der Tiefseeböden größere Komplikationen sich ergeben werden, wofür schon oben (S. 39) in anderem Zusammenhang sich Anzeichen ergaben.

     Aber wie auch die weitere Entwicklung dieser Ansichten sein mag, so viel ist schon ersichtlich, daß sie im Sinne der Verschiebungstheorie fortschreiten, denn an dem grundlegenden Gegensatz zwischen Tiefseeboden und Kontinenten wird nicht mehr gerüttelt, und für die Verschiebungstheorie ist es zunächst gleichgültig, ob ersterer aus Basalt oder vielleicht stellenweise bereits ultrabasischem Material besteht. Jedenfalls fehlt hier (von Resten abgesehen) die Granitdecke der Kontinentalschollen.

     Nicht selten wird gegen die Verschiebungstheorie eingewendet: Die Erde ist so starr wie Stahl, also können sich die Kontinente nicht verschieben. In der Tat hat die Beobachtung der Erdbeben, der Polschwankungen und der Gezeiten der festen Erde zu dem übereinstimmenden Ergebnis geführt, daß der Koeffizient der Form-Elastizität oder die Riegheit der Erde im Mittel 2.1012 g/cm.sec2 beträgt, oder bei Unterscheidung eines bis 1200 km Tiefe reichenden Gesteinsmantels und eines Erz- und Metallkerns für ersteren 7.1011 und für letzteren 3.1012. Da dieser Koeffizient für kalten Stahl 8.1011 beträgt, so ist also wirklich die Erde so rieg wie Stahl. Aber was folgt daraus? Für unsere Frage zunächst gar nichts. Denn die Geschwindigkeit, mit der sich ein Kontinent unter der Wirkung einer gegebenen Kraft bewegen kann, hängt überhaupt nicht von der Riegheit des Simas ab, sondern von einer anderen, von dieser unabhängigen Materialkonstante, der „inneren Reibung“ oder „Zähigkeit“, oder der zu

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Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_054.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)